Stärkung der Kontinentalmacht <span class="pagenumber">[266]</span>

24 Diese Auf‌fassung sollte auch Hitlers Politik im Dritten Reich prägen. Nach der im Gesetz über den Aufbau der Wehrmacht vom 16. 3. 1935 erfolgten Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und einer massiven Aufrüstung erreichte das deutsche Heer zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Stärke von 2.758.000 Mann, die Luftwaffe verfügte über 4.093 Frontflugzeuge. Die besonders kostspielige maritime Rüstung stand demgegenüber deutlich zurück: 1939 besaß die deutsche Kriegsmarine lediglich zwei Schlachtschiffe, drei Panzerschiffe, einen schweren und sechs leichte Kreuzer, 21 Zerstörer, zwölf Torpedoboote und 57 U-Boote. Zur Wiederaufrüstung konnte der NS-Staat auf Pläne zurückgreifen, welche die Reichswehr bereits vor 1933 ausgearbeitet hatte. Bei der Suche nach »Waffengenossen« war Großbritannien Hitlers Wunschpartner. Da sich Großbritannien an einem Bündnis mit dem Deutschen Reich nicht interessiert zeigte, musste sich Hitler mit Aushilfslösungen begnügen. Hierzu zählten die am 1. 11. 1936 proklamierte »Achse« Berlin-Rom, der am 25. 11. 1936 mit Japan abgeschlossene »Antikomintern-Pakt« und der am 23. 3. 1939 mit Rumänien geschlossene Wirtschaftsvertrag.

Vgl. Deist, Aufrüstung; Sarholz, Auswirkungen, S. 102 – 111; Tooze, Ökonomie, bes.S. 248 – 288, 295 – 306, 338 – 379; Hildebrand, Reich (2009), S. 29 – 49; Anm. 107, 108 in diesem Kapitel.

27 Nachdem sich Bismarck ursprünglich strikt gegen die Errichtung deutscher Kolonien ausgesprochen hatte, begann das Deutsche Reich erst 1884/85 mit einer eigenen Kolonialpolitik: In Afrika erwarb es die »Schutzgebiete« Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika, Kamerun und Togo. Hinzu kamen 1885/86 das »Kaiser-Wilhelm-Land« und der »Bismarck-Archipel« im heutigen Papua-Neuguinea sowie die Marshall-Inseln und – in den Jahren 1897 – 1899 – weitere kleinere Gebiete im Pazifik und in Nordostchina (Kiautschou). Wirtschaftlich blieben die Kolonien indes unrentabel, ihr Anteil am deutschen Handel war äußerst gering. Weitgehend unbedeutend waren die Kolonien auch für den deutschen Rohstoffbedarf. Abgesehen vom Kupfer und den Diamanten Deutsch-Südwestafrikas produzierten sie nichts, was Deutschlands Stellung auf dem Weltmarkt wesentlich gestärkt hätte. Auch die erhoffte Linderung des Bevölkerungsdrucks im Deutschen Reich durch Abwanderung in die Kolonien stellte sich nicht ein: Das bevorzugte Ziel deutscher Auswanderer blieben vor dem Ersten Weltkrieg die USA.

Vgl. Friedjung, Zeitalter, S. 60 – 63; Fröhlich, Imperialismus, S. 31 – 45; Hildebrand, Reich (2008), bes.S. 85 – 90; Gründer, Geschichte, S. 121 – 236, 279 – 290; Conrad, Kolonialgeschichte, S. 22 – 34; Kap. I/1, Anm. 42; Kap. I/4, Anm. 169.

Rest jenes Maß an politischer Macht und Kraft zu gewinnen#1929: gewinnen ersetzt durch: erringen, das die Voraussetzung für eine Korrektur des Willens feindlicher Sieger ist. Denn unterdrückte Länder werden nicht durch flammende Proteste in den Schoß eines gemeinsamen Reiches zurückgeführt, sondern durch ein schlagkräftiges Schwert.23

Dieses Schwert zu schmieden, ist die Aufgabe der innerpolitischen Leitung eines Volkes, die Schmiedearbeit zu sichern und Waffengenossen zu suchen, die Aufgabe der außenpolitischen.24

* * *

Im ersten Band des Werkes »Mein Kampf«#1933: gestrichen: »Mein Kampf« habe ich mich mit der Halbheit unserer Bündnispolitik vor dem Kriege auseinandergesetzt.25 Von den vier Wegen für eine künftige Erhaltung unseres Volkstums und die Ernährung desselben hatte man den vierten und ungünstigsten gewählt. An Stelle einer gesunden europäischen Bodenpolitik26 griff man zur Kolonial- und Handelspolitik.27 Fehlerhaft war dies noch besonders#1929: Fehlerhaft war dies noch besonders ersetzt durch: Dies war um so fehlerhafter, als man nun vermeinte, dadurch einer waffenmäßigen Auseinandersetzung entschlüpfen zu können. Das Ergebnis#1944: Ergebnis ersetzt durch: Ereignis dieses Versuches, sich auf alle Stühle setzen zu wollen, war der bekannte Fall zwischen dieselben, und der Weltkrieg bildete nur die letzte, dem Reiche vorgelegte Quittung über seine verfehlte Leitung nach außen.

Der richtige Weg wäre schon damals der dritte gewesen: Stärkung der Kontinentalmacht durch Gewinnung neuen Grundes und#1929: gestrichen: Grundes und Bodens in Europa, wobei gerade dadurch eine Ergänzung durch spätere koloniale Gebiete in den Bereich des natürlich Möglichen gerückt erschien. Diese Politik wäre allerdings nur durchführbar gewesen im Bunde mit England28, oder unter einer so abnormen Förderung der militärischen Machtmittel, daß auf vierzig oder fünfzig Jahre kulturelle Aufgaben vollständig in den Hintergrund gedrängt worden wären. Dies hätte sich sehr wohl verantworten lassen. Die kulturelle Bedeutung einer Nation ist fast immer gebunden an die politische Freiheit und Unabhängig-