Deutung des nationalsozialistischen Symbols <span class="pagenumber">[141]</span>

98 Schon auf einer NSDAP-Versammlung am 20. 9. 1920 im Kindl-Keller deutete ein Parteimitglied die Parteifahne ganz in diesem Sinne: »Das rot bedeutet, dass wir Sozialisten, aber wahre und keine Phrasendrescher sind, das heisst [gemeint: weiß], dass wir national sein wollen und das schwarze Hakenkreuz, dass wir strenge Antisemiten sind. Unter dieser schwarzweissroten, der alten Flagge […] wollen wir weiterkämpfen und schliesslich auch siegen (lebh[after] Beifall).« In seiner Rede zur Neugründung der NSDAP am 27. 2. 1925 bekräftigte Hitler diese Deutung: »Das Hakenkreuz als Symbol der Arbeit, das Weiß als Zeichen unserer nationalen Gesinnung und das Rot als Zeichen unseres wahrhaft sozialen Gedankens. Im Kreuz aber soll sich noch ein weiterer Sinn zeigen, nämlich der Geist, der allein die Arbeit auf dieser Welt bedeutet, der Geist des Idealismus arischer Auf‌fassung und nicht der Geist des Juden.« Ähnlich argumentierte Hitler auch in einer Rede vor der SA am 4. 7. 1926 im Weimarer Nationaltheater.

Vgl. StA München, Pol. Dir. 6698: Versammlungsbericht; Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 6, Zitat S. 24; Bd. II/1, Dok. 6.

101 Welchen Anteil Hitler, der Goldschmied Otto Gahr und andere an der Entwicklung der ersten Standarte gehabt haben, ist unklar, da sich die Darstellungen teilweise widersprechen. 1938 wurde der erste Entwurf der Standarte im Völkischen Beobachter Otto Gahr zugeschrieben, der zu den frühen Förderern der NSDAP zählte und dessen Bedeutung für die Partei Hitler auch später verschiedentlich würdigte. Unbestritten ist, dass Gahr bzw. seine Werkstatt nicht nur die Metallteile der ersten Standarten der SA, sondern bis 1939 auch die Standarten für alle anderen Parteiformationen hergestellt hat. Die Werkstatt, nach Gahrs Tod weitergeführt von seiner Frau, war im Dritten Reich einer der wichtigsten Betriebe zur Herstellung von Abzeichen, Dolchen etc. für die Gliederungen der NSDAP.

Vgl. VB vom 2. 9. 1938 (Münchener Ausgabe), »Von der Entstehung unserer Standarten«; Cameron/ Stevens (Transl.), Conversations, S. 179 f.; Tyrell (Hrsg.), Führer, S. 46 f.; Hitler, Reden, Bd. V/1, Dok. 183, S. 348; Franz-Willing, Ursprung, S. 201; Pool/ Pool, Wegbereiter, S. 19 f.; Meyer/ Schild, Werkstatt.

102 Die ersten vier Standarten wurden am 28. 1. 1923 auf einem NSDAP-Parteitag der SA überreicht. Aus Sicht der Nationalsozialisten hatten Standarten eine symbolische wie auch eine organisatorische Bedeutung. Im September 1938 merkte der Schriftsteller Hans Zöberlein im Völkischen Beobachter dazu an: »Lange vorher [vor dem Parteitag 1923] schon hatte sich der Führer mit dem Gedanken getragen, den Marschkolonnen seiner SA. ein Symbol voranzustellen, das über die Fahne hinausging. Ein Zeichen, das über die Formation der Hundertschaft hinweg den größeren Organismus eines SA.-Regiments, wie es damals genannt wurde, schon äußerlich sichtbar zusammenfaßte. Gab es bis dahin in Bayern nur eine bunte Reihe von Hundertschaften und Zügen der SA., die einfach in einer Organisationsspitze bei der Partei zusammengefaßt waren, so entstand durch die Verleihung der Standarten die Abgliederung in größere Formationen, von denen damals die größte und stärkste das SA. Regiment München war.«

Vgl. VB vom 2. 9. 1938 (Münchener Ausgabe), »Von der Entstehung unserer Standarten«; Longerich, Bataillone, S. 31 f.; Kap. II/9, Anm. 259.

So wie diese jung und neu war, war sie es auch. Kein Mensch hatte sie vorher je gesehen; sie wirkte damals wie eine Brandfackel. Wir selber empfanden alle eine fast kindliche Freude, als eine treue Parteigenossin96 den Entwurf zum ersten Male ausgeführt und die Fahne abgeliefert hatte. Schon wenige#1944: wenige ersetzt durch: einige Monate später besaßen wir in München ein halbes Dutzend davon, und die immer mehr und mehr um sich greifende Ordnertruppe besonders trug#1937: besonders trug ersetzt durch: trug besonders;
1939: besonders trug dazu bei, das neue Symbol der Bewegung zu verbreiten.97

Und ein Symbol ist dies wahrlich! Nicht nur, daß durch die einzigen, von uns allen heißgeliebten Farben, die einst dem deutschen Volke#1939: Volke ersetzt durch: Volk;
1944: Volke soviel Ehre errungen hatten, unsere Ehrfurcht vor der Vergangenheit bezeugt wird, sie war auch die beste Verkörperung des Wollens der Bewegung. Als nationale Sozialisten sehen wir in unserer Flagge unser Programm. Im Rot sehen wir den sozialen Gedanken der Bewegung, im Weiß den nationalistischen, im Hakenkreuz die Mission des Kampfes für den Sieg des arischen Menschen und zugleich mit ihm auch den Sieg des Gedankens der schaffenden Arbeit98, die selbst ewig antisemitisch war und antisemitisch sein wird.99

Zwei Jahre später, als aus der Ordnertruppe schon längst eine viele#1944: viele ersetzt durch: viel tausend Mann umfassende Sturmabteilung geworden war100, schien es nötig, dieser Wehrorganisation der jungen Weltanschauung noch ein besonderes Symbol des Sieges zu geben: die Standarte. Auch sie habe ich selbst entworfen und dann einem alten, treuen Parteigenossen, dem Goldschmiedemeister#1944: Goldschmiedemeister ersetzt durch: Goldschmiedmeister Gahr101, zur Ausführung übergeben. Seitdem gehört die Standarte zu den Wahr- und Feldzeichen des nationalsozialistischen Kampfes.102

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Die Versammlungstätigkeit, die im Jahre 1920 sich immer mehr steigerte, führte endlich dazu, daß wir manche Woche sogar zwei Versammlungen abhielten.103 Vor unseren Plakaten stauten sich die Menschen, die größten Säle der Stadt waren immer gefüllt, und Zehntausende verführter Marxisten fanden den Weg zurück zu ihrer Volksgemeinschaft104, um Kämpfer für ein kommendes, freies Deutsches Reich