Der Kampf um die Macht <span class="pagenumber">[47]</span>

128 Der Begriff »Volksgemeinschaft« war nicht genuin nationalsozialistisch, er lässt sich bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Bereits 100 Jahre vor der Veröffentlichung von Mein Kampf fand er Eingang in die Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie der gebildeten Stände: Im Artikel über »Deutsches Recht« ist von einer aus den »germanischen Stämme[n]« gebildeten »Volksgemeinschaft« mit einem »eigenthümlichen gemeinschaftlichen Charakter« die Rede. In der Weimarer Republik beriefen sich mit Ausnahme der KPD alle bedeutenden politischen Parteien auf den Begriff der »Volksgemeinschaft«, in dem zunächst vor allem die Hoffnung auf eine Lösung der scharfen gesellschaftlichen und politischen Konflikte zum Ausdruck kam. Charakteristisch für die Begriffsverwendung im rechten Lager war der implizite Wunsch nach einer Überwindung der liberalen und pluralistischen republikanischen Staats- und Gesellschaftsordnung. Im völkischen Lager firmierte »Volksgemeinschaft« primär als ein rassenbiologisch verstandenes Synonym für die Idee einer arisch-germanischen »Abstammungsgemeinschaft«.

Dennoch war der Begriff kein rhetorisches Erkennungszeichen der politischen Rechten. Auch dezidierte Befürworter der Republik griffen auf ihn zurück: So richtete sich etwa eine 1926 veröffentlichte Resolution deutscher Hochschullehrer explizit an alle »Kollege[n]«, die ungeachtet ihrer »politischen Grundüberzeugung« gewillt seien, »auf dem Boden der bestehenden demokratischrepublikanischen Staatsordnung positiv mitzuarbeiten am Ausbau unseres Verfassungslebens und an der Erziehung der heranwachsenden Generation zu staatsbürgerlichem Denken im Dienst der großen deutschen Volksgemeinschaft«. Auch Reichspräsident Friedrich Ebert beschwor in seinen Reden überaus häufig die deutsche »Volksgemeinschaft«; er verstand sie als ein Modell klassenübergreifender Solidarität und der Unterordnung von Eigen- und Parteiinteressen unter das Gemeinwohl und den Staat.

Vgl. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie der gebildeten Stände (⁷1827), Bd. 3, Zitat S. 222; Kahl/ Meinecke/ Radbruch, Universitäten, Zitat S. 38; Beck, Rede; Wildt, Volksgemeinschaft; Mühlhausen, Ebert, S. 816 f.; Fuhrmeister, Ikonografie; Steber/ Gotto (Hrsg.), Visions.

gibt, ist es nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der von diesen# 1930: diesen ersetzt durch: ihnen Angestellten, die doch einen Teil unseres Volkstums bilden, die Interessen der Allgemeinheit gegenüber der Habsucht oder der Unvernunft eines einzelnen# 1930: einzelnen ersetzt durch: Einzelnen;
1937: einzelnen zu schützen; denn die Erhaltung von Treu und Glauben in einem Volkskörper ist ein# 1937: ein ersetzt durch: im;
1939: ein;
1944: im Interesse der Nation, genau so wie die Erhaltung der Gesundheit des Volkes.

Beides wird nun# 1926: gestrichen: nun durch unwürdige Unternehmer, die sich nicht als Glied der ganzen Volksgemeinschaft128 fühlen, schwer bedroht. Aus dem üblen Wirken ihrer Habsucht oder Rücksichtslosigkeit erwachsen tiefe Schäden für die Zukunft.

Die Ursachen einer solchen Entwicklung beseitigen, heißt sich ein Verdienst um die Nation erwerben, und nicht etwa umgekehrt.

Man sage dabei nicht, daß es ja jedem einzelnen# 1930: einzelnen ersetzt durch: Einzelnen;
1937: einzelnen freistünde, die Folgerungen aus einem ihm tatsächlich oder vermeintlich zugefügten Unrecht zu ziehen, also zu gehen. Nein! Dies ist Spiegelfechterei und muß als Versuch angesehen werden, die Aufmerksamkeit abzulenken. Entweder ist die Beseitigung schlechter, unsozialer Vorgänge im Interesse der Nation gelegen oder nicht. Wenn ja, dann muß der Kampf gegen sie mit den Waffen aufgenommen werden, die die Aussicht zum# 1937: zum ersetzt durch: auf Erfolg bieten. Der einzelne Arbeiter aber ist niemals in der Lage, sich gegenüber der Macht des großen Unternehmers durchzusetzen, da es sich hier nicht um eine Frage des Sieges des höheren Rechtes handeln kann, da ja bei Anerkennung desselben der ganze Streit infolge des# 1939: gestrichen: des; 1944: wieder eingefügt: des Mangels jeder Veranlassung gar# 1944: gestrichen: gar nicht vorhanden wäre; sondern um die Frage der größeren Macht. Im anderen Falle würde das vorhandene Rechtsgefühl allein schon den Streit in ehrlicher Weise beenden, oder richtiger es könnte nie zu einem solchen kommen.

Nein, wenn unsoziale oder unwürdige Behandlung von Menschen zum Widerstande auffordert, dann kann dieser Kampf, solange nicht gesetzliche, richterliche Behörden zur Lösung# 1937: Lösung ersetzt durch: Beseitigung dieser Schäden geschaffen werden, nur durch die größere Macht zur Entscheidung kommen. Damit aber ist es selbstverständlich, daß der Einzelperson und mithin kon-