12. Kapitel
Die erste Entwicklungszeit der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei

Dieses Kapitel hat einen ganz anderen Inhalt, als sein Titel vermuten lässt. Hitler beschäftigt sich in ihm nur in wenigen kurzen Passagen mit der »erste[n] Entwicklungszeit der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei«. Diese Ausführungen schließen die parteigeschichtliche Lücke zwischen Hitlers Eintritt in die DAP im September 19191 und der »Verkündung« des Parteiprogramms im Februar 1920.  Der überwiegende Teil des Kapitels enthält hingegen Überlegungen und Forderungen zu Aufbau und Strategie der NSDAP, was dem Kapitel auch den Charakter eines erweiterten Parteiprogramms verleiht.

Hitlers einleitender Hinweis, er würde in einem zweiten Band diese Überlegungen noch weiter ausführen, spricht für eine Entstehungszeit im März/April 1925, als das Buch in zwei Teile aufgespalten wurde. 2 Ein weiteres Indiz für diese Datierung sind die vehementen Angriffe auf politische Gegner im völkischen Lager, die Hitler in dieses Kapitel einfließen ließ. Sie sind Ausdruck der hitzigen Auseinandersetzungen mit anderen völkischen Gruppierungen, insbesondere aus Norddeutschland, in die Hitler nach der Neugründung der NSDAP im Februar 1925 verwickelt war.

Durch die Aufspaltung von Mein Kampf in zwei Teile wurde ein neues Schlusskapitel für den ersten Band notwendig. Die zunächst als Abschluss geplante Auseinandersetzung mit den Ereignissen des Jahres 1923 schien damals aus politischen und taktischen Gründen nicht mehr ratsam, war Hitler doch nur auf Bewährung aus der Haft entlassen worden. Auch hatte er seit Mitte März 1925 Redeverbot in Bayern – später auch in zahlreichen anderen Ländern. 3 Fertiggestellt wurde das Kapitel erst nach dem 11. April 1925. Dies belegt Hitlers überschwänglicher Nachruf auf den früheren Münchner Polizeipräsidenten und Förderer der NSDAP, Ernst Pöhner, am Ende des Kapitels, der an diesem Tag tödlich verunglückte. 4 Dass das Kapitel erst »Ende April« abgeschlossen wurde, bestätigte im September 1925 auch der Lektor des ersten Bands, Joseph Stolzing-Cerny. 5

Die in die Schlusspassagen des Kapitels verwobene Schilderung der Versammlung vom 24. Februar 1920 war ursprünglich Teil einer umfassenderen parteigeschichtlichen Darstellung, denn noch im Juni 1924 war ein Abschnitt mit dem holprigen Titel »Nicht verzagen und nie verzweifeln; als Motto zweier Jahre« geplant. 6 Schließlich wurde jedoch die Schilderung der Versammlung als eine Art Schnittstelle zwischen den beiden Bänden genutzt und die weitere Darstellung der Parteigeschichte in die Kapitel Der Kampf der ersten Zeit – Die Bedeutung der Rede (II/6) und Das Ringen mit der roten Front (II/7) verschoben.