Das Ergebnis jeder Rassenkreuzung <span class="pagenumber">[303]</span>

24 Die These von der Verminderung des »Wertes« einer »Rasse« durch »Rassenmischung« war schon zu der Zeit, als Hitler Mein Kampf verfasste, wissenschaftlich widerlegt. Der Anthropologe Eugen Fischer hatte 1913 ausgeführt: »Die so oft gehörte Aussage, die Bastarde seien geistig, vor allem moralisch, stets schlechter als beide Stammrassen, ist sicher falsch. […] Das scheinbare Schlechtersein von Bastarden schiebe ich fast ganz aufs soziale Milieu, auf ihr Ausgestoßenwerden aus der ›höheren‹ Rasse usw.« Ein Jahr später schrieb Fischer, die Mischung der nordischen Einwanderer mit bodenständigen Rassen in Europa habe ein äußerst begabtes, kulturfähiges, produktives, »stellenweise geradezu glänzendes Menschenmaterial« geschaffen. 1922 schrieb auch Felix von Luschan in seinem Buch Völker, Rassen, Sprachen: »Mischlinge sind (genau wie die unehelichen Kinder) niemals a priori minderwertig; sie werden es nur, wenn ihre Eltern individuell minderwertig sind.« Andere Forscher wie der Wiener Arzt Christoph Hartung von Hartungen gingen sogar davon aus, dass Mischlinge über eine höhere Intelligenz verfügten als »reinrassige« Individuen.

In der modernen Forschung ist die Verwendung des Begriffs »Rasse« nach wie vor umstritten. Es gibt keine einheitliche Definition von »Rasse« und die Zuordnung zu »Rassen« erfolgt meist nur anhand äußerer Merkmale, lässt keine Rückschlüsse auf die tatsächliche genetische Zusammengehörigkeit zu. Deshalb vermischen sich in der Literatur zuweilen kulturelle und biologische Rassendefinitionen. Moderne biologische Forschungen distanzieren sich größtenteils von der Einteilung der Menschen in »Rassen«, zumal bewiesen ist, dass die genetischen Unterschiede zwischen Individuen einer Population oft größer sein können als die Unterschiede zwischen verschiedenen Populationen. Solche Ansichten wurden jedoch auch schon lange vor dem Erscheinen von Mein Kampf vertreten, etwa 1874 von Rudolf Virchow. Klarsichtig schrieb Felix von Luschan bereits 1922: »Der Unterschied zwischen den verschiedenen Rassen ist, besonders was die moralischen Eigenschaften und die Intelligenz angeht, nicht entfernt so groß als zwischen einzelnen Individuen ein und derselben Rasse.«

Vgl. Fischer, Problem, Zitat S. 16 f.; Hartungen, Psychologie, S. 29, 32; Luschan, Völker, Zitate S. 188; Cartmill, Status, S. 659; Smedley, Race, S. 698; Breuer, Ordnungen, Zitat S. 62; Keita u. a., Conceptualizing, S. 17 f.; Denk, Konstruktion, S. 71; Hayden, Taboo, S. 27; Plümecke, Rasse, S. 206 – 216; Kap. II/2, Anm. 51.

25 Offenbar eine stilistische Anleihe bei Artur Dinters Romantrilogie Die Sünden der Zeit, deren drei Bände die Titel Die Sünde wider das Blut (1917), Die Sünde wider den Geist (1920) und Die Sünde wider die Liebe (1922) tragen. Von diesen war Die Sünde wider das Blut damals besonders populär. Die Vorstellung, Rassenvermischung sei eine Sünde gegen Gott, fand sich auch bei anderen rassistischen Autoren, etwa Jörg Lanz von Liebenfels. Dieser schrieb im Ostara-Heft über Das Geschlechts- und Liebesleben der Blonden und Dunklen (1910), Gott habe alle Lebewesen reinrassig erschaffen; nur so seien sie gut. Dagegen sei Rassenvermischung »die Wurzel aller Krankheit«, »die wahre Unsittlichkeit, das Verbrechen aller Verbrechen«, eine »Sünde, die nicht gesühnt werden kann, da sie durch Generationen von Mischlingen fortlebt«. In einer weiteren Ostara-Ausgabe, die 1912 erschien, stützte sich Lanz auf die Politische Anthropologie (1903) von Ludwig Woltmann und behauptete, neben physischen, intellektuellen und charakterlichen Auswirkungen habe die Rassenvermischung noch »weit verhängnisvollere Folgen«: »Das fremde Sameneiweiß scheint wie Gift auf den Keim zu wirken. Denn alle Mischlinge besitzen Zeit ihres Lebens eine ausgesprochene Disposition zu Krankheiten. Der Großteil aller Krankheiten stammt daher aus unreinem Blut. Mischblut ist aber schon vom Mutterleib an verunreinigt und vergiftet.« Dass Hitler solch bizarre Fantasien teilte, offenbarte er noch am 22. 2. 1942 gegenüber Heinrich Himmler: »Die Ursache [zahlloser] Erkrankungen ist ein Rassekern, der in der Blutmischung so verheerend wirkt, daß er die Menschen unsicher macht. Wahrscheinlich sind auch physische Erkrankungen schon daraus entstanden, daß in sich verschiedenen Blutgruppen [sic!] zusammengekommen sind.« Deutlich abweichend von Lanz’ Vorstellungen über »Rassenmischung« war hingegen Hitlers Überzeugung, die Natur sei Teil des göttlichen Wirkens – eine Ansicht, die bereits Lanz’ Mentor Guido von List vertreten hatte. Demgegenüber glaubte Lanz, dass Gott und Natur sich zueinander diametral verhalten würden. Denn die Natur scheine gesetzmäßig danach zu streben, »stets neue Arten und Rassen durch Mischung hervorzubringen«.

Vgl. Lanz-Liebenfels, Liebesleben, Bd. 1 (Ostara Nr. 38), S. 2 f., Zitate S. 2; Bd. 2 (Ostara Nr. 39), Zitate S. 2, 4; Lanz-Liebenfels, Rassenmischung (Ostara Nr. 61), S. 7 – 10, 16, Zitate S. 9; List, Unbesiegbare, S. 7, 16, 19, 23; Hitler, Monologe, Zitat S. 293.

26 1911 kritisierte der österreichische Pazifist und Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried in seinem Handbuch der Friedensbewegung den Sozialdarwinismus als »stümperhafte Verallgemeinerung der Lehren, die uns im vergangenen Jahrhundert auf dem Gebiet der Naturerkenntnis zuteil wurden« und als »große Irrlehre, die das Kulturleben nach den Gesetzen des Tierischen regeln will«. Allerdings lehnten nicht alle Pazifisten sozialdarwinistische Gedanken ab. Die österreichische Schriftstellerin Bertha von Suttner, eine der bekanntesten Pazifistinnen und die erste Frau, die den Friedensnobelpreis erhielt, schrieb 1889 in Das Maschinenalter, der Krieg sei das verwerflichste Verbrechen und »das Maximum der Schlechtigkeit«, weil er »hunderttausendfache[r] Totschlag« sei und die Kultur zerstöre. Der »Gipfel seiner Unmoralität« sei aber die Tatsache, dass durch den Krieg »das vorzüglichste Mittel der natürlichen Entwicklung – die Auslese durch Überlebung [sic!] des Besseren und Stärkeren – in das gerade Gegenteil« umgekehrt werde: Die »Besten«, nämlich »die Jungen, Starken, Tüchtigen« würden getötet, während die Alten, Schwachen und »Krüppel« übrig blieben und sich weiter fortpflanzen könnten. Der Krieg, so Suttner, sei daher »die umgekehrte natürliche Zuchtwahl – die künstliche Degeneration«. Ganz ähnlich argumentierte der deutsche Arzt und Pazifist Georg Friedrich Nicolai in seinem Buch Die Biologie des Krieges, dessen Erstauflage 1917 erschien.

Vgl. Fried, Handbuch, Bd. 1, Zitate S. 43, 45; Jemand, Maschinenalter, Zitate S. 248 f.; Nicolai, Biologie, S. 80 – 83; Michler, Darwinismus, S. 461 – 464.  Zur angeblichen natürlichen Wesensverwandtschaft von Pazifismus und Judentum vgl. Kap. I/4, Anm. 69.

27 Interessanterweise hatte kein anderer als Hitlers Mentor Dietrich Eckart verteidigt, was Hitler hier als »jüdische[n] Unsinn« diffamiert: »Tiefverderbt und seelenlos«, so Eckart, »erscheint dem forschenden Blick die Natur, insofern sie sich nie und nirgends zu verinnerlichen, nie und nirgends zu einer edlen Regung zu erheben vermag. Erst der wahre, die natürlichen Triebe bereits etwas meisternde Mensch ist dazu imstande; weshalb denn auch die uralte (von Martin Luther wieder aufgestöberte) ›Theologia deutsch‹, christlich wie sie nun einmal ist, erklärt: ›Darum ist der böse Geist und die Natur Eins, und wo die Natur nicht überwunden ist, da ist auch der böse Feind nicht überwunden.‹« Ähnliche Gedanken finden sich bereits in Friedrich Schillers Werk Ueber die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen (1795): »Der Mensch in seinem physischen Zustand erleidet bloß die Macht der Natur; er entledigt sich dieser Macht in dem ästhetischen Zustand, und er beherrscht sie in dem moralischen.« Auch Houston Stewart Chamberlain schrieb in Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts, die Natur werde durch die Moral überwunden; der Mensch müsse sich von der Natur emanzipieren und sie sich unterwerfen. Und in seiner Schrift Arische Weltanschauung führte er aus: »Im echten arischen Denken liegt überall der Keim zu der Auffassung, daß die Natur des Teufels Werk sei […].«

Vgl. Schiller, Werke, Bd. 20, Zitat S. 388 (Herv. i. Orig.), Bd. 21, S. 242; Chamberlain, Grundlagen, Bd. 1, S. 243 f.; Chamberlain, Weltanschauung (1905), Zitat S. 85; Eckart, Jude, Zitat S. 3 f.; Wehr (Hrsg.), Theologia, S. 124; Breuer, Ordnungen, S. 68, 296 – 300. Zum Verhältnis Hitlers zu Eckart vgl. Kap. II/15, Anm. 113.

b) körperlicher und geistiger Rückgang und damit der Beginn eines, wenn auch langsam, so doch sicher fortschreitenden Siechtums.24

Eine solche Entwicklung herbeizuführen# 1930: herbeizuführen ersetzt durch: herbeiführen , heißt aber denn doch nichts anderes als Sünde treiben wider den Willen des ewigen Schöpfers.25

Als Sünde aber wird diese Tat auch gelohnt.

Indem der Mensch versucht, sich gegen die# 1937: die ersetzt durch: diese;
1939: die eiserne Logik der Natur aufzubäumen, gerät er in Kampf mit den Grundsätzen, denen auch er selber allein# 1930: gestrichen: allein sein Dasein als Mensch# 1930: eingefügt: allein verdankt. So muß denn# 1926: gestrichen: denn sein Angriff# 1930: Angriff ersetzt durch: Handeln gegen die Natur zu seinem eigenen Untergang führen.

Freilich kommt nun der# 1926: Freilich kommt nun der ersetzt durch: Hier freilich kommt der echt judenhaft freche, aber ebenso dumme Einwand des modernen Pazifisten: »Der Mensch überwindet eben die Natur!«26

Millionen plappern diesen jüdischen Unsinn gedankenlos nach und bilden sich am Ende wirklich ein, auch selber so# 1926: auch selber so ersetzt durch: selbst eine Art von Naturüberwindern darzustellen; wobei ihnen jedoch als Waffe nichts weiter als eine »Idee«# 1926: »Idee« ersetzt durch: Idee zur Verfügung steht, noch dazu aber eine so miserable, daß sich nach ihr wirklich keine Welt vorstellen ließe.27

Allein ganz abgesehen davon, daß der Mensch die Natur denn doch# 1926: gestrichen: denn doch noch in keiner Sache überwunden hat, sondern höchstens das eine oder andere Zipfelchen ihres ungeheuren, riesenhaften Schleiers von ewigen Rätseln und Geheimnissen erwischt# 1944: erwischt ersetzt durch: erwischte und emporzuheben versucht# 1930: versucht ersetzt durch: versuchte;
1939: versucht;
1944: versuchte , daß er in Wahrheit nichts »erfindet«# 1926: »erfindet« ersetzt durch: erfindet , sondern alles nur entdeckt28, daß er nicht die Natur beherrscht, sondern nur auf Grund der Kenntnis einzelner Naturgesetze und Geheimnisse zum Herrn derjenigen anderen Lebewesen aufgestiegen ist, denen dieses Wissen eben fehlt29; also ganz abgesehen davon kann eine Idee nicht die Voraussetzungen zum Werden und Dasein# 1930: Dasein ersetzt durch: Sein der Menschheit überwinden, da die Idee selber ja nur vom Menschen abhängt. Ohne Menschen gibt es keine menschliche »Idee«# 1926: »Idee« ersetzt durch: Idee auf dieser Welt, mithin ist die Idee selber# 1930: selber ersetzt durch: als solche doch immer bedingt durch das Vorhandensein der Menschen und damit all der Gesetze, die zu diesem Dasein die Voraussetzung schufen.

Und nicht nur das! Bestimmte Ideen sind sogar an bestimmte Menschen gebunden. Dies gilt am allermeisten gerade für solche