Voreingenommenheit in außenpolitischen Fragen <span class="pagenumber">[302]</span>

8 In der Weimarer Republik existierten drei Strömungen »rechter Russophilie«: (1) die pragmatische Ostorientierung, die aus reiner außenpolitischer Notwendigkeit entstanden war. Sie hatte Anhänger in Regierung und Reichswehr und führte 1922 zum Abschluss des Vertrags von Rapallo zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrussland sowie zur geheimen Zusammenarbeit zwischen der Reichswehr und der Roten Armee; (2) die Russophilie der »Jungkonservativen«, geprägt von Abneigung gegen den Westen und Bewunderung für Russland und den Sozialismus, aber auch von Furcht vor dem »Bolschewismus«. Bekanntester Vertreter dieser Strömung war der Publizist Arthur Moeller van den Bruck, der auch die Ideen des »Straßer-Kreises« beeinflusste; (3) die »Nationalbolschewisten«, die als Reaktion auf die Versailler Friedensordnung eine »Bolschewisierung« Deutschlands forderten. Im Geist von Antikapitalismus und Nationalismus sollten die »preußischen Tugenden« wiederbelebt werden, darunter vor allem das Pflichtbewusstsein gegenüber der Gemeinschaft. Die »Nationalbolschewisten« betrachteten Russland als natürlichen Bundesgenossen, lehnten allerdings eine »Weltrevolution« nach kommunistischer Vorstellung ab. Führende »Nationalbolschewisten« waren der Jurist Paul Eltzbacher, Mitglied der DNVP, und der sozialdemokratische Politiker und Schriftsteller Ernst Niekisch, der wie Moeller van den Bruck Einfluss auf die »Linken« in der NSDAP ausübte. Gemeinsames nationales Interesse gegen die Bedingungen des Versailler Friedensvertrags führte im »Nationalbolschewismus« zeitweilig sogar Konservative und Kommunisten zusammen.

Vgl. Dupeux, Nationalbolschewismus; Dupeux, Zeichen; Kap. II/9, Anm. 184; Anm. 90 in diesem Kapitel.

tischen Denken zu bestimmen, dessen bisherige Erziehung auf diesem Gebiete nicht minder bar jeder Vernunft und Logik war, der aber zu allem auch den letzten Rest natürlichen Instinktes auf dem Altar der Objektivität6 geopfert hatte. Gerade die Angehörigen unserer sogenannten Intelligenz sind am schwersten zu einer wirklich klaren und logischen Vertretung ihrer Interessen und der Interessen ihres Volkes nach außen zu bewegen. Sie sind nicht nur belastet mit einem förmlichen Bleigewicht unsinnigster Vorstellungen und Voreingenommenheiten, sondern haben zu allem Überfluß außerdem noch jeden gesunden Trieb zur Selbsterhaltung verloren und aufgegeben. Auch die nationalsozialistische Bewegung hat mit diesen Menschen schwere Kämpfe zu bestehen, schwer deshalb, weil sie leider trotz vollkommenen Unvermögens nicht selten von einer außerordentlichen Einbildung besessen sind, die sie auf andere, meistens sogar gesündere Menschen ohne jede innere Berechtigung von oben herabblicken läßt. Hochnäsig-arrogante Besserwisser, ohne alle Fähigkeit#1937: Fähigkeit ersetzt durch: Fähigkeiten;
1939: Fähigkeit kühlen Prüfens und Wägens, die aber als Voraussetzung jedes außenpolitischen Wollens und Tuns angesehen werden muß#1937: muß ersetzt durch: müssen;
1939: muß.7

Da gerade diese Kreise heute beginnen, die Zielrichtung unserer Außenpolitik in der unseligsten Weise von einer wirklichen Vertretung völkischer Interessen unseres Volkes abzudrehen, um sie statt dessen in den Dienst ihrer phantastischen Ideologie zu stellen8, fühle ich mich verpflichtet, vor meinen Anhängern die wichtigste außenpolitische Frage, nämlich das Verhältnis zu Rußland, besonders und so gründlich zu behandeln, als dies zum allgemeinen Verständnis nötig und im Rahmen eines solchen Werkes möglich ist.

Ich will dabei im allgemeinen noch folgendes vorausschicken:

Wenn wir unter Außenpolitik die Regelung des Verhältnisses eines Volkes zur übrigen Welt zu verstehen haben, so wird die Art der Regelung durch ganz bestimmte Tatsachen bedingt werden. Als Nationalsozialisten können wir weiter über das Wesen der Außenpolitik eines völkischen Staates folgenden Satz aufstellen:

Die Außenpolitik des völkischen Staates hat die Existenz der durch den Staat zusammengefaßten Rasse auf diesem Planeten sicherzustellen, indem