Erst Weltanschauungskampf, dann Befriedigung des Einzelnen <span class="pagenumber">[257]</span>

35 Hitler folgte hier den Empfehlungen der sudetendeutschen Nationalsozialisten um Rudolf Jung und Hans Knirsch, die in dieser Frage konsultiert worden waren. Ihre Einschätzung war Hitler überaus willkommen, befürchteten sie doch ein Scheitern völkischer Gewerkschaften mangels geeigneter Führungsfiguren, die tatsächlich fehlten. Personen wie Karl Fahrenhorst oder Arno Chwatal, die die Notwendigkeit »völkischer Kampfgewerkschaften« auch theoretisch zu begründen suchten, blieben vor allem aufgrund der mangelnden Unterstützung durch Hitler ohne größeren Einfluss. Das Fehlen entsprechender Protagonisten war daher eine Folge und nicht eine Ursache von Hitlers Ablehnung nationalsozialistischer Gewerkschaftsgründungen.

Vgl. Chwatal, Kampfgewerkschaften; Carsten, Faschismus, S. 30 – 33; Bons, Nationalsozialismus, S. 274 – 279.

37 Hitlers Ablehnung gewerkschaftlicher Strukturen war nicht zuletzt Ausdruck seiner Furcht davor, dass soziale Konflikte in die sich zunehmend als Volkspartei verstehende NSDAP getragen werden könnten. Bereits im Frühjahr 1926 hatte die Frage der entschädigungslosen Enteignung der deutschen Fürstenhäuser zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Partei geführt; Hitler konnte seine ablehnende Haltung damals nur gegen erhebliche Widerstände durchsetzen. Darüber hinaus hätten nationalsozialistische Gewerkschaften auch die Kontakte zu Wirtschaftskreisen gefährdet, um die sich Hitler seit Anfang 1926 verstärkt bemühte.

Vgl. Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 103, 157; Jochmann, Kampf, S. 18 – 22, 35 f.; Turner, Großunternehmer, S. 105; Frese, Betriebspolitik, S. 28; Bons, Nationalsozialismus, S. 275 f.

mert hätte, um an Stelle dieser Institution des vernichtenden Klassenkampfes der nationalsozialistischen Gewerkschaftsidee zum Siege zu verhelfen, der gehörte mit zu den ganz großen Männern unseres Volkes und seine Büste hätte dereinst in der Walhalla zu Regensburg34 der Nachwelt gewidmet werden müssen.35

Ich habe aber keinen Schädel gekannt, der auf ein solches Postament gepaßt hätte.

Es ist ganz falsch, sich in dieser Ansicht durch die Tatsache beirren zu lassen, daß die internationalen Gewerkschaften selbst ja auch nur über lauter Durchschnittsköpfe verfügen. Dies besagt in Wirklichkeit gar nichts; denn als jene einst gegründet worden waren, gab es sonst nichts. Heute muß die nationalsozialistische Bewegung gegen eine längst bestehende gigantische und bis in das#1944: gestrichen: das kleinste ausgebaute Riesenorganisation ankämpfen.36 Der Eroberer muß aber stets genialer sein als der Verteidiger, will er diesen bezwingen. Die marxistische Gewerkschaftsburg kann heute wohl von gewöhnlichen Bonzen verwaltet werden; gestürmt wird sie aber nur von der wilden Energie und genialen Fähigkeit eines überragend#1930: überragend ersetzt durch: überragenden Großen auf der anderen Seite. Wenn sich ein solcher nicht findet, ist es zwecklos, mit dem Schicksal zu hadern, und noch viel unsinniger, mit unzulänglichem Ersatz die Sache zwingen zu wollen.

Hier gilt es, die Erkenntnis zu verwerten, daß es im Leben manchesmal#1937: manchesmal ersetzt durch: manchmal;
1939: manches Mal besser ist, eine Sache zunächst liegen zu lassen#1944: liegen zu lassen ersetzt durch: liegenzulassen, als sie mangels geeigneter Kräfte nur halb oder schlecht zu beginnen.

Eine andere Erwägung, die man ja nicht als demagogisch bezeichnen sollte, kam noch hinzu. Ich hatte damals und besitze auch heute noch die unverrückbare Überzeugung, daß es gefährlich ist, einen großen politisch-weltanschaulichen#1930: politisch-weltanschaulichen ersetzt durch: politisch weltanschaulichen;
1937: politisch-weltanschaulichen Kampf zu frühzeitig mit wirtschaftlichen Dingen zu verknüpfen.37 Besonders bei unserem deutschen Volk gilt dies. Denn hier wird in einem solchen Falle das wirtschaftliche Ringen sofort die Energie vom politischen Kampf abziehen. Sowie die Leute erst die Überzeugung gewonnen haben, daß sie durch Sparsamkeit auch zu einem Häuschen gelangen könnten#1944: könnten ersetzt durch: können,