Verantwortlichkeit des Leiters <span class="pagenumber">[240]</span>

51 Seit Hitlers Eintritt in die DAP Mitte September 1919 begleiteten interne Konflikte ihre weitere Entwicklung. Eine Ursache war, dass Hitler alles daran setzte, die Partei zu dominieren und schließlich ganz in seine Hände zu bekommen. Keine zwei Jahre nach seinem Parteieintritt, am 29. 7. 1921, wurde in der Satzung ein eindeutig autoritärer Führungsstil festgeschrieben: Die »eigentliche verantwortliche Leitung« der Partei sollte nun allein bei Hitler liegen; er sei in seiner »Stellung als über dem Ausschuß stehend zu betrachten«. Verantwortlich war er nur gegenüber den Mitgliedern der NSDAP, denen – zumindest theoretisch – das Recht zugestanden wurde, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Damit hatte sich Hitler eine unangreifbare Position in der NSDAP gesichert. Dass er, gestützt auf diese Machtvollkommenheit, den übrigen Parteifunktionären gewisse Handlungsspielräume bei ihren Aufgaben überließ, stand hierzu nicht in Widerspruch. Hitlers Führungsstil war nicht auf Kompromisse, sondern auf Unterwerfung angelegt.

Vgl. Tyrell, »Führer«; Kap. I/9, Anm. 40, 41.

54 Nach der Führungskrise im Juli 1921 erhielt Hitler mit der Satzung vom 29. 7. 1921 große Vollmachten. Auch die Ortsgruppen außerhalb Münchens wurden nun direkt »der Haupt-Parteileitung unterstellt«. Hatte die Münchner Leitung vormals die Ortsgruppen weitgehend sich selbst überlassen – diese hatten jeweils unter sich einen Leiter gewählt –, so waren alle regionalen Ableger der NSDAP von nun an ganz auf München ausgerichtet; horizontale Verbindungen zwischen den Ortsgruppen blieben ausgeschlossen. Unter den Ortsgruppen blieb diese Entwicklung nicht unumstritten, was Hitler in einer Rede am 26. 4. 1922 nochmals scharf kritisierte. Er habe »kein Interesse an möglichst vielen Ortsgruppen wohl aber das höchste an möglichst guten«. Dementsprechend wurde in der Satzung der NSDAP/NSDAV e. V. vom 22. 5. 1926 nochmals unterstrichen, dass die Gauleiter »von der Reichsleitung bestimmt« würden.

Vgl. Tyrell (Hrsg.), Führer, Dok. 9; Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 64, 146, Zitat S. 463; Douglas, Ortsgruppen; Auerbach, Wurzeln; Rösch, NSDAP, S. 111 – 121, 184 – 197; Anm. 42 in diesem Kapitel.

nach ganz kurzer Zeit den Sitzungen ferngeblieben. Ich machte meine Propaganda und damit basta und verbat es mir im übrigen, daß der nächstbeste Nichtskönner auf diesem Gebiet etwa versuchte, mir dreinzureden. Genau so wie ich umgekehrt auch den anderen nicht in ihren#1937: ihren ersetzt durch: den;
1939: ihren;
1944: den Kram hineinfuhr.51

Als die Annahme der neuen Statuten und meine Berufung auf den Posten des#1937: des ersetzt durch: als;
1939: des ersten Vorsitzenden mir unterdes die notwendige Autorität und das entsprechende Recht gegeben hatten, fand dieser Unsinn auch sofort sein#1933: sein ersetzt durch: ein Ende. An Stelle von Ausschußbeschlüssen wurde das Prinzip der absoluten Verantwortlichkeit eingeführt.

Der erste Vorsitzende ist verantwortlich für die gesamte Leitung der Bewegung.52 Er teilt die unter ihm stehenden Kräfte des Ausschusses sowohl als die sonst noch notwendigen Mitarbeiter in die zu leistende Arbeit ein. Jeder dieser Herren ist damit für die ihm übertragenen Aufgaben restlos verantwortlich. Er untersteht nur dem ersten Vorsitzenden, der für das Zusammenwirken aller zu sorgen hat bzw.#1929: bzw. ersetzt durch: beziehungsweise durch die Auswahl der Personen und die Ausgabe allgemeiner Richtlinien diese Zusammenarbeit selbst herbeiführen muß.53

Dieses Gesetz der prinzipiellen Verantwortlichkeit ist allmählich zur Selbstverständlichkeit innerhalb der Bewegung geworden, wenigstens soweit dies die Parteileitung betraf#1929: betraf ersetzt durch: betrifft. In den kleinen Ortsgruppen und vielleicht auch noch in Gauen und Bezirken wird es jahrelang dauern, bis man diese Grundsätze durchdrücken wird54, da natürlich Angsthasen und Nichtskönner sich immer dagegen wehren werden; ihnen wird die alleinige Verantwortlichkeit für ein Unternehmen stets unangenehm sein; sie fühlen#1939: fühlen ersetzt durch: fühlten;
1944: fühlen sich freier und wohler, wenn sie bei jeder schweren Entscheidung die Rückendeckung durch die Majorität eines sogenannten Ausschusses haben. Es scheint mir aber notwendig, gegen solche Gesinnung mit äußerster Schärfe Stellung zu nehmen, der Feigheit vor der Verantwortlichkeit keine Konzession zu machen und dadurch, wenn auch erst nach langer Zeit, eine Auf‌fassung von Führerpflicht und Führerkönnen zu erzielen, die ausschließlich diejenigen zur Führung bringen wird, die wirklich dazu berufen und auserwählt sind.

Jedenfalls muß aber eine Bewegung, die den parlamentarischen