Das siebente Mitglied <span class="pagenumber">[236]</span>

41 Die DAP hatte zum damaligen Zeitpunkt bereits mehr als 50 Mitglieder. Hitlers Mitgliedskarte vom 1. 1. 1920 trug die Nummer 555, da man aus Gründen der Propaganda bei 500 zu zählen begonnen hatte. Im Mai 1920 gehörten der NSDAP nach einem überlieferten Namensverzeichnis 676 Mitglieder an. Hitlers Angabe bezieht sich auf den siebenköpfigen Arbeitsausschuss der Partei, dem neben ihm noch Karl Harrer, Anton Drexler, Michael Lotter, Johann Koelbl, Adolf Birkhofer und Franz Girisch angehörten. Ende 1919 hat Hitler für die Anfänge der Partei von »2, dann 7, dann 9 Mann« gesprochen. Im Juli 1921 behauptete er, die DAP habe bei seinem Eintritt 13 Mitglieder gehabt. Bereits vor der Veröffentlichung von Mein Kampf hatte sich jedoch die Legende vom siebten Parteimitglied etabliert, die Hitler hier bekräftigt. Gegen diese Legende protestierte Anton Drexler noch 1940 bei Hitler: »Niemand weiß besser als Sie selbst, mein Führer, daß Sie niemals das 7. Mitglied der Partei, sondern höchstens das 7. Mitglied des Ausschusses waren, in den ich Sie bat, als Werbeobmann einzutreten.« Die Ungereimtheiten in Hitlers Angaben fielen auch dem NSDAP-Hauptarchiv auf. In einem Schreiben an Rudolf Schüßler vom 10. 10. 1941 teilte es mit, dass »im Laufe der Jahre viele […] für sich in Anspruch« genommen hätten, »als Teilnehmer an den ersten Sitzungen des ›Ausschusses‹ bzw. ›Zirkels‹ mit zu den ›ersten Sieben‹ gerechnet zu werden«. Hitlers Angabe in Mein Kampf beruhe auf einer »schriftlichen Mitteilung«, die jedoch »bis heute nicht auffindbar« sei. Daher müsse sie »noch von der DAP ausgegangen sein, denn in der NSDAP hat es für den Führer niemals eine Mitgliedskarte Nr. 7 gegeben, sondern nur die nach der alphabetischen Mitgliederliste ausgestellte Karte mit der Nr. 555.«

1919 fanden die Treffen der DAP zunächst in loser Folge statt. Sie waren Diskussionen im kleinen Kreis vorbehalten. Dies änderte sich seit Mai 1919, mit dem Ende der Räterepublik; damals wurden »Zirkel-Satzungen« ausgearbeitet, um das Zusammenwirken dieser »Zirkel« mit dem Arbeitsausschuss zu regeln. Seit Juni 1919 gab es dann erstmals öffentliche Versammlungen. Ein erster Durchbruch gelang der DAP am 14. 8. 1919 mit einem Vortrag von Dietrich Eckart; Drexler selbst sprach von einem »großen Tag«. Einen Einblick in die damaligen Aktivitäten der DAP gewährt ein Bericht Karl Harrers von Ende November 1919: »Alle Monat [sic!] findet ein Vortrag statt, dann eine Versammlung, in der alle Parteiangelegenheiten erledigt werden. Außerdem wird jeden Montag im Sterneckerbräu im Tal ein Diskussionsabend veranstaltet, in der die Meinungen der einzelnen Mitglieder besser zum Ausdruck gebracht werden können.« Hitler waren diese Zustände ein Dorn im Auge; schon in seinem Geschäftsordnungsentwurf vom Dezember 1919 wollte er diese demokratischen Strukturen revidieren. Demnach sollte der Arbeitsausschuss der Partei künftig als Leitungsgremium nur noch dem Parteiprogramm verpflichtet sein. Eine Bevormundung durch »Über- oder Nebenregierungen« in Form von Zirkeln oder Logen sollte hingegen unterbunden werden.

Vgl. StA München, Pol. Dir. München, 6698; IfZ-Archiv, Fa 88/Fasz. 76; IfZ-Archiv, MA 733: Sitzungsprotokolle der DAP 1919; IfZ-Archiv, MA 1217: Mitgliederverzeichnis der NSDAP (um Mai 1920); BayHStA, Slg. P. 3071: Schreiben Drexlers vom 30. 1. 1940; IfZ-Archiv, MA 747/1372: Schriftwechsel zwischen Rudolf Schüßler und NSDAP-Hauptarchiv 1941; Joachimsthaler, Weg, S. 257 – 260; Plöckinger, Texte, S. 96, 106 f.; Plöckinger, Soldaten, S. 146 f.