allgemein vorhanden war. Dieser Mangel an Wille#1937: Wille ersetzt durch: Willen;
1939: Wille
ist es, und nicht der Mangel an Waffen, der uns heute zu jedem ernstlichen Widerstand unfähig macht.122 Er sitzt in unserem ganzen Volk drinnen, verhindert jeden Entschluß, mit dem ein Risiko verbunden ist, als ob die Größe einer Tat nicht gerade im Wagnis bestünde. Ohne es zu ahnen, hat ein deutscher General es fertig gebracht#1937: fertig gebracht ersetzt durch: fertiggebracht;
1939: fertig gebracht;
1944: fertiggebracht
, für diese jammervolle Willenslosigkeit die klassische Formel zu finden: »Ich handle nur, wenn ich mit einundfünfzig Prozent Wahrscheinlichkeit des Erfolges zu rechnen vermag.«123 In diesen »einundfünfzig Prozent« liegt die Tragik des deutschen Zusammenbruchs#1933: Zusammenbruchs ersetzt durch: Zusammenbruches begründet; wer vom Schicksal erst die Bürgschaft für den Erfolg fordert, verzichtet damit von selbst auf die Bedeutung einer heroischen Tat. Denn diese liegt darin, daß man in der Überzeugung von der Todesgefährlichkeit eines Zustandes den Schritt unternimmt, der vielleicht zum Erfolg führen kann. Ein Krebskranker, dessen Tod andernfalls gewiß ist, braucht nicht erst einundfünfzig Prozent auszurechnen, um eine Operation zu wagen. Und wenn diese auch nur mit einem halben Prozent Wahrscheinlichkeit Heilung verspricht, wird ein mutiger Mann sie wagen, im anderen Falle mag er nicht ums Leben wimmern.

Die Seuche der heutigen feigen Willens- und Entschlußlosigkeit ist aber, alles in allem genommen, hauptsächlich das Ergebnis unserer grundsätzlich verfehlten Jugenderziehung, deren verheerende Wirkung sich ins spätere Leben hinein fortpflanzt, und in der mangelnden Zivilkourage#1937: Zivilkourage ersetzt durch: Zivilcourage der leitenden Staatsmänner ihren letzten Abschluß#1933: Abschluß ersetzt durch: Abschied;
1944: Abschluß
und ihre letzte Krönung findet.

In die gleiche Linie fällt auch die heute grassierende Feigheit vor Verantwortung. Auch hier liegt der Fehler schon in der Jugenderziehung, durchsetzt dann das ganze öffentliche Leben und findet in der parlamentarischen Regierungsinstitution seine unsterbliche Vollendung.124

Schon in der Schule legt man leider mehr Wert auf das »reumütige« Geständnis und das »zerknirschte Abschwören« des kleinen Sünders als auf ein freimütiges Bekenntnis. Letzteres erscheint manchem Volksbildner von heute sogar als sichtbarstes#1937: sichtbarstes ersetzt durch: sicherstes;
1939: sichtbarstes
Merkmal einer unverbesserlichen Verworfenheit, und so manchem Jungen