Nur Boden ist zu germanisieren <span class="pagenumber">[21]</span>

18 Zeitgenössisch wurde der Begriff »Mauscheln« vornehmlich als Spottbezeichnung für »Judendeutsch« verwendet. »Mauscheln« stand dabei sinnbildhaft für das Trennende zwischen Deutschen und Juden: So notierte etwa Wilhelm II. 1897 an den Rand eines Berichts über den ersten Zionistenkongress in Basel: »Ich bin sehr dafür, daß die Mauschels nach Palästina gehen, je eher sie dorthin abrücken, desto besser.« Um die Jahrhundertwende war der Begriff »Mauscheln« auch in der antisemitischen Presse Wiens gebräuchlich. In seiner Tätigkeit an der Wiener Hofoper wurde etwa Gustav Mahler mehrfach vorgeworfen, er »mauschle« am Dirigentenpult, was stets den Vorwurf implizierte, er verfälsche deutsche Kunstwerke.

Vgl. Röhl, Wilhelm II., Bd. 2, Zitat S. 1052; Althaus, Mauscheln; Fischer, Mahler, S. 247 f., 313 f.; Kap. I/11, Anm. 162.

19 Aufgrund antisemitischer Pogrome und zunehmender Diskriminierung begannen seit den 1880er Jahren immer mehr russische und polnische Juden nach Westen auszuwandern. Hierbei dominierten die Familien verarmter Handwerker und Facharbeiter, deren gesellschaftliche Stellung zunehmend perspektivlos geworden war. Der allergrößte Teil der Emigranten zog in die USA, wo zwischen 1881 und 1914 über zwei Millionen jüdische Einwanderer aufgenommen wurden und sich damit der jüdische Bevölkerungsanteil knapp verzehnfachte. Die jüdischen Auswanderer sahen sich in zahlreichen Gesellschaften mit starken Ressentiments konfrontiert. Auch eingesessene Juden grenzten sich von den Einwanderern ab, da sie nicht ohne Grund befürchteten, das verbreitete Negativbild der Ostjuden könnte pauschal auf alle Juden übertragen werden und damit ihre eigene gesellschaftliche Integration gefährden. In Deutschland bedienten sich völkische Agitatoren seit dem späten 19. Jahrhundert permanent des Klischees vom »schmutzigen«, rücksichtslos »profitgierigen« und »sittenlosen« Ostjuden und nahmen deren Zuwanderung zum Anlass, vor einer drohenden Vorherrschaft der Juden in Deutschland zu warnen. Auch nach 1918 war die Hetze gegen Ostjuden ein Kernelement der völkischen Agitation. Eine besonders wirkmächtige Propaganda entfaltete dabei der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund. In dieser Tradition stand neben Hitler auch Gottfried Feder, der die »Unterbindung der Zuwanderung von Ostjuden und von anderen parasitären Ausländern« zu einem zentralen »staatspolitischen Grundsatz« der NSDAP erhoben hatte.

Vgl. Feder, Staat (1924), Zitat S. 45; Lohalm, Radikalismus, S. 147 – 152; Maurer, Ostjuden, bes.S. 46 – 81, 104 – 190; Hoffmann, Ostjuden; Heid, Ostjude; Haumann, Geschichte, S. 85 – 87, 150 f., 162 – 167, 184 f.; Osterhammel, Verwandlung, S. 219 – 221; Plöckinger, Soldaten, S. 200 – 203.

23 Diese Deutung findet sich auch in Alfred Rosenbergs Schrift Der völkische Staatsgedanke (1924). Sie greift entschieden zu kurz. In ihrer Geschichtstheorie negierten Marx und Engels keineswegs den Staat an sich. Sie kritisierten jedoch, dass er seine ursprüngliche, sinnvolle Funktion gemeinsamer Interessenwahrung in der historischen Entwicklung verloren habe und zu einem Instrument des Bürgertums zur Beherrschung und Kontrolle der Arbeiterklasse verkommen sei. Schon im Manifest der Kommunistischen Partei (1848) wurde die »moderne Staatsgewalt« lediglich als ein »Ausschuß« porträtiert, »der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse« verwalte. Den Staat in dieser Gestalt lehnten Marx und Engels ab und prophezeiten sein Ende nach der Übernahme der Staatsgewalt und aller »Produktionsmittel« durch das Proletariat und die darauf folgende Etablierung der »klassenlosen Gesellschaft«. In der Schrift Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (1880) fasste Engels dies folgendermaßen zusammen: »Der erste Akt, worin der Staat wirklich als Repräsentant der ganzen Gesellschaft auftritt – die Besitzergreifung der Produktionsmittel [durch das Proletariat] im Namen der Gesellschaft –, ist zugleich sein letzter selbständiger Akt als Staat. Das Eingreifen einer Staatsgewalt in gesellschaftliche Verhältnisse wird auf einem Gebiete nach dem andern überflüssig und schläft dann von selbst ein. An die Stelle der Regierung über Personen tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht ›abgeschafft‹, er stirbt ab.« Von einer bedingungs- und voraussetzungslosen Staatsnegierung, wie sie die anarchistische Bewegung um Michail Bakunin vertrat, grenzten sich Marx und Engels hingegen vehement ab.

Vgl. Marx/ Engels, Werke, Bd. 4, Zitat S. 464; Bd. 19, Zitat S. 224, 344 f.; Rosenberg, Staatsgedanke, S. 19 f.; Kap. II/6, Anm. 74.

deutsch#1939: deutsch ersetzt durch: Deutsch;
1944: deutsch mauschelnde Judentum18 beim#1944: beim ersetzt durch: bei Betreten des amerikanischen Bodens infolge der Unkenntnis vieler Amerikaner auf unser deutsches Konto geschrieben wird.#1944: Punkt ersetzt durch: Ausrufezeichen Es wird aber doch niemand einfallen, in der rein äußerlichen Tatsache, daß diese verlauste Völkerwanderung aus dem Osten19 meistens deutsch#1939: deutsch ersetzt durch: Deutsch;
1944: deutsch20 spricht, den Beweis für ihre deutsche Abstammung und Volkszugehörigkeit zu erblicken.

Was in der Geschichte nutzbringend germanisiert wurde, war der Boden, den unsere Vorfahren mit dem Schwert erwarben und mit deutschen Bauern besiedelten. Soweit sie dabei unserem Volkskörper21 fremdes Blut zuführten, wirkten sie mit an jener unseligen Zersplitterung unseres inneren Wesens, die sich in dem – leider vielfach sogar noch gepriesenen – deutschen Überindividualismus auswirkt.

Auch in dieser dritten Gruppe gilt der Staat in gewissem Sinne noch immer als Selbstzweck, die Staatserhaltung mithin als die höchste Aufgabe des menschlichen Daseins.

Zusammenfassend kann festgestellt werden: Alle diese Anschauungen haben ihre tiefste Wurzel nicht in der Erkenntnis, daß die kultur- und wertebildenden Kräfte wesentlich auf rassischen Elementen beruhen und daß der Staat also sinngemäß als seine höchste Aufgabe die Erhaltung und Steigerung der Rasse zu betrachten hat, dieser#1937: dieser ersetzt durch: diese Grundbedingung aller menschlichen Kulturentwicklung.

Die äußerste Schlußfolgerung jener falschen Auf‌fassungen und Ansichten über Wesen und Zweck eines Staates konnte dann durch den Juden Marx22 gezogen werden: Indem#1944: Indem ersetzt durch: indem die bürgerliche Welt den Staatsbegriff von rassischen Verpflichtungen loslöste, ohne zu irgendeiner anderen, gleichmäßig anerkannten Formulierung gelangen zu können, ebnete sie selbst einer Lehre den Weg, die den Staat an sich negiert.23

Schon auf diesem Gebiete#1944: Gebiete ersetzt durch: Gebiet muß deshalb der Kampf der bürgerlichen Welt gegenüber der marxistischen Internationale glatt versagen. Sie hat die Fundamente selbst schon längst geopfert, die zur Stützung ihrer eigenen Ideenwelt unumgänglich notwendig wären.