Die Ehrennarbe <span class="pagenumber">[372]</span>

110 Dass sich antisemitische Autoren als Opfer jüdischer »Aggression« gerierten, war ein gängiges Motiv ihrer Propaganda. Kern dieses Denkens war der Glaube, das »Wesen des Judentums« sei grundsätzlich »verneinender und vernichtender Art«, so 1919 der in der frühen NSDAP hoch angesehene bayerische Heimatdichter Franz Schrönghamer-Heimdal in seinem Pamphlet Judas, der Weltfeind; der »Geist«, der das Judentum »lebendig« halte, liege im »Haß […] gegen die ganze übrige Menschheit«. »Nichtjuden gegenüber« kenne das Judentum weder »Nächstenliebe« noch »Ehrlichkeit, Sittlichkeit, Treue« und »Menschlichkeit«. Entsprechend führe es einen »skrupellose[n] Kampf, meist aus dem Hinterhalt, gegen alles«, das sich seinem »Streben entgegenstellt oder sonst im Wege steht«. Dieses Stereotyp korrespondierte mit der Vorstellung von einer jüdischen »Weltverschwörung« aus weltumspannender »Machtgier« des Judentums. Dessen Ziel sei es, seine »Opfer zum Heloten, zum Sklaven seines Willens, zum Ausbeutungsobjekt schlechthin [zu] machen«, so Paul Bang in seiner Hetzschrift Judas Schuldbuch (1919), das in der NSDAP schon sehr früh zu jenen Büchern gerechnet wurde, die jeder Nationalsozialist kennen müsse. Mithilfe solcher Zerrbilder versuchten völkische Ideologen immer wieder, ihre antisemitische Propaganda sowie gewaltsame Übergriffe gegen Juden als vermeintliche »Notwehr« gegen einen angeblich rücksichtslosen und hinterlistigen Aggressor zu legitimieren.

Vgl. Schrönghamer-Heimdal, Judas, Zitate S. 13; Meister, Schuldbuch (^3/41919), Zitat S. 39; Noack, Unbelehrbar?, S. 353 – 374; Ryback, Bücher, S. 86; Roos, Streicher, S. 88 – 94; Kap. I/2, Anm. 219.

111 In Wirklichkeit reagierte Hitler beileibe nicht so gelassen, wenn ihn gegnerische, angeblich »jüdische« Zeitungen kritisierten. So ging er etwa im Sommer 1925 entschieden gegen den Vorwurf des Berliner Tageblatts – für Antisemiten der Inbegriff einer »verjudeten« Zeitung – vor, er hätte 1923 seinen Putsch mit französischem Geld finanziert. Dieser Vorwurf war für Hitler umso unangenehmer, als er auf Anschuldigungen seines politischen Konkurrenten Otto Pittinger vom März 1924 basierte. Hitler verklagte die Zeitung, zog seine Klage dann jedoch wieder zurück. Auch als die sozialdemokratische Münchener Post im November 1923 die – in der Tat unzutreffende – Behauptung verbreitete, Hitler sei 1904 aufgrund eines Hostienfrevels von der Linzer Realschule verwiesen worden, reagierte Hitler unverzüglich mit einer öffentlichen Zurückweisung dieses Vorwurfs. Schon am 27. 4. 1920 hatte sich Hitler in einer NSDAP-Versammlung über einen angeblich verfälschenden Bericht des gegnerischen USPD-Blatts Der Kampf zur »Gründungsversammlung« der NSDAP vom 24. 2. 1920 echauffiert, wie ein Reichs-wehrbericht festhielt: »Er [Hitler] schimpfte auch über die Presse, besonders über Kampf, Neue Zeitung und M[ünchner] N[eueste] N[achrichten], da bei der letzten Versammlung ein solcher Schmierfink alles aufgeschrieben hat und alles verlogen und umgedreht in den Kampf setzte.«

Vgl. Fränkischer Kurier vom 24. 9. 1924, »Hitler gegen seine internationalen Verleumder«; vom 29. 10. 1924, »Hitler und der Franzosengelderschwindel«; Jäckel/ Kuhn (Hrsg.), Hitler, Dok. 96, 602, Zitat S. 129; Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 66; Kap. I/1, Anm. 32; Kap. I/10, Anm. 83.

besiegbar und jede Verfolgung wird nur zu ihrer inneren Stärkung# 1944: Stärkung ersetzt durch: Stärke führen.

Die Größe des Christentums lag nicht in versuchten Vergleichsverhandlungen mit etwa ähnlich gearteten philosophischen Meinungen der Antike, sondern in der unerbittlichen fanatischen Verkündung und Vertretung der eigenen Lehre.

Der scheinbare Vorsprung, den Bewegungen durch Zusammenschlüsse erreichen, wird reichlich eingeholt durch die dauernde Zunahme der Kraft einer unabhängig bleibenden, sich selbst verfechtenden Lehre und ihrer Organisation.

13.  Die Bewegung hat grundsätzlich ihre Mitglieder so zu erziehen, daß sie im Kampfe nicht etwas lässig Aufgezogenes# 1933: Aufgezogenes ersetzt durch: Auferzogenes , sondern das selbst Erstrebte erblicken. Sie haben die Feindschaft der Gegner mithin nicht zu fürchten, sondern als Voraussetzung zur eigenen Daseinsberechtigung zu empfinden. Sie haben den Haß der Feinde unseres Volkstums und unserer Weltanschauung# 1930: Weltanschauung ersetzt durch: Weltanschaung [sic!];
1933: Weltanschauung;
1939: Weltanschauungen;
1944: Weltanschauung und seine Äußerungen nicht zu scheuen, sondern zu ersehnen. Zu den Äußerungen dieses Hasses aber gehört# 1944: gehört ersetzt durch: gehören auch Lüge und Verleumdung.

Wer in den jüdischen Zeitungen109 nicht bekämpft, also verleumdet und verlästert wird, ist kein anständiger Deutscher und kein wahrer Nationalsozialist.110 Der beste Gradmesser für den Wert seiner Gesinnung, die Aufrichtigkeit seiner Überzeugung und die Kraft seines Wollens ist die Feindschaft, die ihm von seiten des Todfeindes unseres Volkes entgegengebracht wird.111

Die Anhänger der Bewegung und in weiterem# 1939: in weiterem ersetzt durch: im weiteren;
1944: in weiterem Sinne das ganze Volk müssen immer und immer wieder darauf hingewiesen werden, daß der Jude in seinen Zeitungen immer# 1930: immer ersetzt durch: stets lügt, und daß selbst eine einmal behauptete# 1933: einmal behauptete ersetzt durch: einmalige Wahrheit nur zur Deckung einer größeren Fälschung bestimmt und damit selber wieder gewollte Unwahrheit ist. Der Jude ist der große Meister im Lügen und Lug und Trug112 sind seine Waffen im Kampfe.

Jede jüdische Verleumdung und jede jüdische Lüge ist eine Ehrennarbe am Körper unserer Kämpfer.

Wen sie am meisten verlästern, der steht uns am nächsten, und wen sie am tödlichsten hassen, der ist unser bester Freund.