begnügen, daß dagegen doch nichts zu machen sei, dann ist eine solche Gesellschaft dem Untergang verfallen. Das Charakteristische an unserer bürgerlichen Welt ist es aber gerade, daß sie die Gebrechen an sich gar nicht mehr zu leugnen vermag. Sie muß zugeben, daß vieles faul und schlecht ist, aber sie findet den Entschluß nicht mehr, sich gegen das Übel aufzubäumen, die Kraft eines Sechzig- oder Siebzigmillionenvolkes73 mit verbissener Energie zusammenzuraffen und so der Gefahr entgegenzustemmen. Im Gegenteil: wenn dies#1929: dies ersetzt durch: es anderswo geschieht, dann werden noch blöde Glossen darüber gerissen, und man versucht wenigstens aus der Ferne die theoretische Unmöglichkeit des Verfahrens nachzuweisen und den Erfolg als undenkbar zu erklären. Kein Grund ist dabei einfältig genug, um nicht als Stütze für die eigene Zwerghaftigkeit und ihrer geistigen#1929: ihrer geistigen ersetzt durch: ihre geistige Einstellung zu dienen. Wenn zum Beispiel ein ganzer Kontinent der Alkoholvergiftung heute#1929: gestrichen: heute endlich den Kampf ansagt74, um ein Volk aus den Klammern dieses verheerenden Lasters herauszulösen, dann hat unsere europäische bürgerliche Welt dafür nichts übrig als ein nichtssagendes Glotzen und Kopfschütteln, ein überlegenes Lächerlichfinden, was sich dann bei#1929: was sich dann bei ersetzt durch: das sich bei dieser lächerlichsten Gesellschaft besonders gut ausnimmt. Wenn aber alles nichts nützt und dem erhabenen, unantastbaren Schlendrian an irgendeiner Stelle der Welt dennoch entgegengetreten wird, und gar mit Erfolg, dann muß, wie gesagt, wenigstens dieser angezweifelt und heruntergesetzt werden, wobei man sich nicht einmal scheut, bürgerlich-moralische Gesichtspunkte gegen einen Kampf ins Treffen zu bringen, der aufzuräumen sucht#1929: gestrichen: aufzuräumen sucht mit der größten Unmoral#1929: eingefügt: aufzuräumen sucht.75

Nein, darüber sollen wir uns alle gar keiner Täuschung hingeben: Unser derzeitiges Bürgertum ist für jede erhabene Aufgabe der Menschheit bereits wertlos geworden, einfach, weil es qualitätslos, zu schlecht ist; und es ist zu schlecht, weniger aus – meinetwegen – gewollter Schlechtigkeit heraus, als vielmehr infolge einer#1944: einer ersetzt durch: der unglaublichen Indolenz76 und allem, was aus ihr entspringt. Daher sind auch jene politischen Klubs, die unter dem Sammelbegriff »bürgerliche Parteien« sich herumtreiben, schon längst nichts anderes mehr als Interessengemeinschaften bestimmter Berufsgruppen und