Der parlamentarische Kopf, das Unheil der Marine <span class="pagenumber">[290]</span>

251 Anspielung auf die Seegefechte bei Helgoland (28. 8. 1914), bei den Falklandinseln (8. 12. 1914) und auf der Doggerbank (24. 1. 1915). Bei diesen Gefechten erlitt die deutsche Hochseeflotte schwere Verluste, da sie zahlenmäßig überlegenen, moderneren und vor allem schnelleren englischen Schiffen gegenüberstand.

Vgl. Der Krieg zur See 1914 – 1918: Der Krieg in der Nordsee, Bd. 1, S. 131 – 224; Bd. 3, S. 189 – 249; Der Krieg zur See 1914 – 1918: Der Kreuzerkrieg in den ausländischen Gewässern, Bd. 1, S. 269 – 336; Schmalenbach, Geschichte, S. 79, 92 – 94; Halpern, Naval History, S. 31 f., 44 – 47, 98 – 100; Leipold, Seekriegsführung, S. 399 – 447; Sondhaus, War, S. 63 – 83, 116 f., 123 – 127.

252 Die Royal Navy hatte 1912 mit dem Bau von Großkampfschiffen begonnen, die über Geschütze vom Kaliber 38,1 cm verfügten. Im folgenden Jahr zog das Deutsche Reich nach und führte mit der »Bayern«-Klasse ebenfalls Schlachtschiffe mit 38-cm-Geschützen ein. Im Frühjahr 1916 befanden sich diese allerdings noch im Bau oder in der Erprobung und nahmen nicht an der Seeschlacht vor dem Skagerrak (31.  5./ 1. 6. 1916) teil. Während der Schlacht, die in der deutschen Presse als Beispiel überlegener Seekriegführung und besseren Schiffbaus gefeiert wurde, war es der deutschen Seite trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit gelungen, drei britische Schlachtkreuzer, drei Panzerkreuzer und acht Torpedoboote zu versenken sowie 19 weitere Schiffe zu beschädigen. Die deutschen Verluste beliefen sich hingegen »nur« auf einen Schlachtkreuzer, ein Linienschiff, vier kleine Kreuzer und fünf Torpedoboote. Außerdem waren 27 deutsche Schiffe beschädigt worden. Die personellen britischen Verluste waren mit 6.945 Toten, Verwundeten und Gefangenen mehr als doppelt so hoch wie jene der deutschen Seite (3.058 Tote und Verwundete). Allerdings blieb die Royal Navy nach der Schlacht mit 28 Schiffen gefechtsbereit, während die deutsche Hochseeflotte für mehrere Monate operationsunfähig war. Admiral Scheer gelangte infolgedessen zur Überzeugung, dass es nicht möglich sei, mit der deutschen Überwasserflotte England zum Frieden zu zwingen oder die Seeblockade aufzubrechen. Er empfahl stattdessen die Konzentration auf den U-Boot-Krieg. Die Hochseeflotte wurde bis zum Kriegsende schließlich nur noch für kleinere und Hilfsaufgaben eingesetzt.

Vgl. Breyer, Schlachtschiffe, S. 74, 159 – 168, 300 – 302; Halpern, Naval History, S. 310 – 329; Die deutsche Seekriegsleitung im Ersten Weltkrieg, S. 106 – 109; Grove, Erinnerung; Rahn, Seeschlacht; Sondhaus, War, S. 213 – 234. 

253 Im Russisch-Japanischen Krieg (1904/05) wurde erstmals die Stärke und Qualität der japanischen Kriegsmarine deutlich. Diese besaß modernere, schnellere und besser bewaffnete Schiffe als ihr russischer Gegner; zudem war sie besser ausgebildet. Infolgedessen erlitt die russische Flotte schwere Verluste. Als sich abzeichnete, dass die USA potenziell ein künftiger Gegner im Pazifikraum werden würden, erhöhte die japanische Kriegsmarine nach Kriegsende noch einmal ihre ohnehin schon großen Rüstungsanstrengungen: 1921 erreichte der Anteil der Rüstungsausgaben für die Kriegsmarine am japanischen Staatshaushalt 33 %. Bereits 1905 baute Japan die damals größten Schlachtschiffe der Welt. Von 1906 bis 1912 wurde mit dem Post-Bellum-Programm der Bau von 42 neuen Kriegsschiffen beschlossen. Während des Ersten Weltkriegs und insbesondere nach dem Kriegseintritt der USA (1917) wurde in Japan schließlich die Forderung laut, der amerikanischen Seerüstung mit weiteren Bauprogrammen für schwere Schlachtschiffe zu begegnen. Da es jedoch aus Kosten- und Kapazitätsgründen nicht gelang, mit der US-Marine quantitativ gleichzuziehen, wurde schließlich dem Bau besonders schwerer, schneller und technisch modernster Schlachtschiffe der Vorrang gegeben. Karl Haushofer, mit dessen Schriften Hitler vertraut war, stellte schon 1913 fest, dass »Japan […] seine Stärke in der erlesenen Beschaffenheit seiner Kampfeinheiten […] suchen« müsse. 1917/18 nahm die japanische Flotte mit den Schiffen »Nagato« und »Mutsu« schließlich als erste Marine der Welt Geschütze vom Kaliber 40,6 cm in Dienst.

Vgl. Haushofer, Dai-Nihon, Zitat S. 241; Schencking, Waves, S. 202, 212 f.; Hartmann, Geschichte, S. 118; Wätzig, Flotte, S. 106 – 115; Keishi, War; Kowner, Impact.

254 Hitlers Bemerkung über den Ruhm der Kaiserlichen Marine entspricht im Wesentlichen dem zeitgenössischen Meinungsbild. Vielen Beobachtern galten die Teilnehmer der Schlacht vor dem Skagerrak als Helden, die Qualität der Schiffe und Bewaffnung wurde bejubelt, die Verluste der Seegefechte auf der Doggerbank, bei Helgoland und vor den Falklandinseln nicht selten mit englischer Tücke begründet. Kreuzerkommandanten wie Karl von Müller (SMS Emden) oder Felix Graf von Luckner (SMS Seeadler) und U-Boot-Kommandanten wie Otto Weddigen (U 9) wurden als Helden gefeiert und die »Ruhmestaten« der Marine auf Postkarten, Gemälden und in Filmen festgehalten. Die Matrosenaufstände des Jahres 1918 beschädigten jedoch das Prestige der Marine. Die Selbstversenkung der Hochseeflotte in Scapa Flow am 21. 6. 1919 galt in diesem Verständnis hingegen als Ehrenrettung.

Vgl. Mantey (Hrsg.), Marine, S. 464, 485; Afflerbach, Kapitulationsverweigerungen; Hillmann, Seeschlacht, bes.S. 325 – 329.

Ein Schiff mit kleinerer# 1944: kleinerer ersetzt durch: geringerer Schnelligkeit und schwächerer Armierung wird vom schnelleren und stärker bestückten Gegner meist in der für diesen günstigen Schußentfernung in den Grund geschossen werden. Dies# 1926: Dies ersetzt durch: Das mußte eine ganze Anzahl unserer Kreuzer in der bittersten Weise fühlen.251 Wie grundfalsch aber diese Ansicht der Marineleitung im Frieden war# 1926: fühlen. Wie grundfalsch aber diese Ansicht der Marineleitung im Frieden war ersetzt durch: fühlen, denn wie grundfalsch diese Friedensansicht der Marineleitung war;
1930: fühlen. Wie grundfalsch die Friedensansicht der Marineleitung war , zeigte der Krieg, der, wo es nur anging, zur Umarmierung alter und Besserarmierung der neuen Schiffe zwang. Würden aber in der Seeschlacht am Skagerrak die deutschen Schiffe gleichen Tonnengehalt, gleiche Armierung und gleiche Schnelligkeit wie die englischen besessen haben, dann wäre unter dem Orkan der besser treffenden# 1930: besser treffenden ersetzt durch: treffsichereren und wirkungsvolleren;
1933: treffsicheren und wirkungsvolleren deutschen 38-Zentimeter-Granaten die britische Flotte in das# 1944: in das ersetzt durch: ins nasse Grab gesunken.252

Japan hatte# 1930: hatte ersetzt durch: hat einst eine andere Flottenpolitik getrieben. Dort wurde grundsätzlich aller Wert darauf gelegt, in jedem einzelnen neuen Schiff eine überlegene Kampfkraft gegen den# 1926: gegen den ersetzt durch: gegenüber dem voraussichtlichen Gegner zu gewinnen. Dem entsprach dann aber auch die dadurch ermöglichte offensive Einsetzung der Flotte.253

Während sich das Landheer in seiner Leitung von so prinzipiellen# 1926: prinzipiellen ersetzt durch: prinzipiell falschen Gedankengängen noch freihielt# 1930: freihielt ersetzt durch: frei hielt , unterlag die Marine, die »parlamentarisch« leider schon besser vertreten war, aber auch dem Geiste dieser Institution# 1926: aber auch dem Geiste dieser Institution ersetzt durch: dem Geiste des Parlaments . Sie war von halben Gesichtspunkten aus organisiert und wurde später auch# 1926: gestrichen: auch nach ähnlichen eingesetzt. Was# 1930: eingefügt: die Marine dann dennoch an unsterblichem Ruhm herauskam# 1930: herauskam ersetzt durch: sich erwarb , war nur mehr auf das# 1926: auf das ersetzt durch: dem Konto der guten deutschen Werkmannsarbeit# 1933: Werkmannsarbeit ersetzt durch: Wehrmannsarbeit;
1944: Werkmannsarbeit sowie der Fähigkeit und dem unvergleichlichen Heldenmute# 1944: Heldenmute ersetzt durch: Heldenmut der einzelnen Offiziere und Mannschaften zuzuschreiben# 1926: zuzuschreiben ersetzt durch: gutzuschreiben .254 Hätte aber# 1926: gestrichen: aber die frühere Oberste Leitung der Marine dem auch# 1926: gestrichen: auch an Genialität entsprochen, so wären die# 1937: die ersetzt durch: diese;
1939: die Opfer nicht vergeblich gewesen.

So wurde vielleicht gerade die überlegene parlamentarische Geschicklichkeit des führenden Kopfes der Marine im Frieden zum Unheil derselben, indem nun# 1926: gestrichen: nun leider auch in ihrem Aufbau statt rein militärischer, parlamentarische Gesichtspunkte die maßgebende Rolle zu spielen begannen. Die Halbheit und Schwäche sowie die geringe Logik im Denken, die der parlamentarischen Institution zu eigen ist, färbten auf die Leitung der Flotte ab.255