Die »Deutsche Arbeiterpartei« <span class="pagenumber">[231]</span>

21 Die Stilisierung dieser Szene ist überdeutlich. Hitler litt damals keineswegs so große Not, dass er hungern musste. Vielmehr bezeichnete er noch 1941 seine sechs Jahre beim Militär (1914 – 1920) als die einzige Zeit seines Lebens, in der er sich keine materiellen Sorgen habe machen müssen. Auch war er zumindest in jenen Lebensphasen, über die wir besser informiert sind, alles andere als ein passionierter Frühaufsteher. Während des Zweiten Weltkriegs, in der Zeit seiner größten politischen Verantwortung, pflegte er für gewöhnlich die Nacht zum Tag zu machen und sich erst zwischen zwei und drei Uhr nachts von seiner Entourage zu verabschieden. Danach legte er sich – wie Heinz Guderian berichtet – »zu kurzem Schlummer nieder, aus dem ihn häufig die Besenstöße der Scheuerfrauen an seine Schlafzimmertür gegen neun Uhr spätestens weckten«.

Vgl. Hitler, Monologe, S. 79; Fest, Hitler, S. 721, 914; Guderian, Erinnerungen, Zitat S. 401; Jacobsen, Wehrmachtführung.

22 Die Rede ist von Anton Drexlers Broschüre Mein politisches Erwachen. Aus dem Tagebuch eines deutschen sozialistischen Arbeiters, die im Sommer 1919 erschien. Drexler schildert darin seine persönliche und politische Entwicklung, die in Teilen – etwa in Bezug auf seine Erfahrungen in Berlin – ähnlich wie die von Hitler verlief. So gesehen ist diese Broschüre eine Art »Mein Kampf im Kleinen«. Später soll Hitler die Schrift kritischer betrachtet haben. 1926, im Beleidigungsprozess zwischen Drexler und Hitler, meinte der Zeuge Karl Beggel, ein früherer Regimentskamerad Hitlers, der mit ihm gemeinsam 1919 der DAP beigetreten war, Hitler habe sich im Juli 1925 »wiederholt abfällig über seinen früheren Parteifreund Drexler« geäußert. »Soviel ich mich erinnern kann, kritisierte er die von D[rexler] herausgegebene Broschüre ›Mein politisches Erwachen‹ und meinte: ›Da ist auch nicht alles richtig‹.«

Vgl. StA München, Pol. Dir. München 6778 (Zitat); Bartels, Nationalsozialismus, S. 11 f.; Phelps, Drexler, Zitat S. 1135; Plöckinger, Soldaten, S. 91, 262 f.

trägen bei irgendeinem anderen Truppenteil usw.20 Nur nachts schlief ich in meiner Behausung. Da ich jeden Morgen früh schon vor 5# 1939: 5 ersetzt durch: fünf;
1944: 5 Uhr aufzuwachen pflegte, hatte ich mir die Spielerei angewöhnt, den Mäuslein, die in der kleinen Stube ihre Unterhaltung trieben, ein paar Stückchen# 1933: Stückchen ersetzt durch: Stücklein;
1944: Stückchen harte Brotreste oder -rinden auf den Fußboden zu legen und nun zuzusehen, wie sich die possierlichen Tierchen um diese paar Leckerbissen herumjagten. Ich hatte in meinem Leben schon soviel# 1937: soviel ersetzt durch: so viel Not gehabt, daß ich mir den Hunger und daher auch das Vergnügen der kleinen Wesen nur zu gut vorzustellen vermochte.21

Auch am Morgen nach dieser Versammlung lag ich gegen 5# 1939: 5 ersetzt durch: fünf;
1944: 5 Uhr wach in der Klappe und sah dem Treiben und Gehusche zu. Da ich nicht mehr einschlafen konnte, erinnerte ich mich plötzlich des vergangenen Abends, und nun fiel mir das Heft ein, das mir der eine Arbeiter mitgegeben hatte. So begann ich zu lesen. Es war eine kleine Broschüre, in der der Verfasser, eben dieser Arbeiter, schilderte, wie er aus dem Wirrwarr marxistischer und gewerkschaftlicher Phrasen wieder zu nationalem Denken gelangte; daher auch der Titel »Mein politisches Erwachen«. Da ich erst angefangen hatte, las ich das Schriftchen mit Interesse durch; spiegelte sich ja in ihm ein Vorgang ab, den ich ähnlich zwölf Jahre vorher am eigenen Leibe auch durchzumachen hatte. Unwillkürlich sah ich da meine# 1930: da meine ersetzt durch: meine eigene Entwicklung wieder vor mir lebendig werden.22 Ich dachte so# 1930: gestrichen: so im Laufe des Tages noch einige Male über die Sache nach und wollte sie endlich schon wieder beiseite legen# 1937: beiseite legen ersetzt durch: beiseitelegen;
1939: beiseite legen;
1944: beiseitelegen , als ich noch keine Woche später zu meinem Erstaunen eine Postkarte erhielt des Inhalts, daß ich nun# 1930: gestrichen: nun in die Deutsche Arbeiterpartei# 1939: Deutsche Arbeiterpartei ersetzt durch: »Deutsche Arbeiterpartei« aufgenommen wäre; ich möchte mich dazu äußern und deshalb am nächsten Mittwoch zu einer Ausschußsitzung dieser Partei kommen.23

Ich war über diese Art, Mitglieder zu »gewinnen«, allerdings mehr als erstaunt und wußte nicht, ob ich mich darüber ärgern oder ob ich dazu lachen sollte. Ich dachte ja gar nicht daran, zu einer fertigen Partei zu gehen, sondern wollte meine eigene gründen.24 Dieses Ansinnen kam für mich wirklich nicht in Frage.

Schon wollte ich meine Antwort den Herren schriftlich zugehen lassen, als die Neugierde siegte und ich mich entschloß, am fest-