führen, auf ihre Art und mit ihren Waffen. Sie lehnt es ab, undeutsche Lieder zu singen, schwärmt um so mehr für deutsche Heldengröße, je mehr man versucht, sie dieser zu entfremden; sammelt an vom Munde abgesparten Hellern50 zum Kampfschatz der Großen; sie ist unglaublich hellhörig dem undeutschen Lehrer gegenüber und widerhaarig [sic!] zugleich; trägt die verbotenen Abzeichen des eigenen Volkstums und ist glücklich, dafür bestraft oder gar geschlagen zu werden. Sie ist also im kleinen ein getreues Spiegelbild der Großen, nur oft in besserer und aufrichtigerer Gesinnung.

Auch ich hatte so einst die Möglichkeit, schon in verhältnismäßig früher Jugend am Nationalitätenkampf des alten Österreich teilzunehmen. Für Südmark51 und Schulverein52 wurde da gesammelt, durch Kornblumen und schwarzrotgoldene Farben die Gesinnung betont, mit »Heil« gegrüßt# 1933: gegrüßt ersetzt durch: begrüßt 53, und statt des Kaiserliedes54 lieber »Deutschland über alles«55 gesungen, trotz Verwarnung und Strafen. Der Junge ward dabei politisch geschult in einer Zeit, da der Angehörige eines sogenannten Nationalstaates meist noch von seinem Volkstum wenig mehr als die Sprache kennt. Daß ich damals schon nicht zu den Lauen gehört habe, versteht sich von selbst. In kurzer Zeit war ich zum fanatischen »Deutschnationalen« geworden, wobei dies allerdings nicht identisch ist mit unserem heutigen Parteibegriff.56

Diese Entwicklung machte bei mir sehr schnelle Fortschritte, so daß ich schon mit fünfzehn Jahren zum Verständnis des Unterschiedes von dynastischem »Patriotismus« und völkischem »Nationalismus« gelangte; und ich kannte damals schon nur mehr das letztere# 1939: das letztere ersetzt durch: den letzteren .

Für den, der sich niemals die Mühe nahm, die inneren Verhältnisse der Habsburgermonarchie zu studieren, mag ein solcher Vorgang vielleicht nicht ganz erklärlich sein. Nur der Unterricht in der Schule über die Weltgeschichte mußte in diesem Staate# 1944: Staate ersetzt durch: Staat schon den Keim zu dieser Entwicklung legen, gibt es doch eine spezifisch österreichische Geschichte nur im kleinsten Maße. Das Schicksal dieses Staates ist so sehr mit dem Leben und Wachsen des ganzen Deutschtums verbunden, daß eine Scheidung der Geschichte etwa in eine deutsche und österreichische gar nicht denkbar erscheint. Ja, als