Die Bildung von Arbeitsgemeinschaften <span class="pagenumber">[160]</span>

31 Eine Anspielung auf die DVFP sowie auf die Deutschsoziale Partei (DtsP, nicht zu verwechseln mit der Deutschsozialistischen Partei). Die DtsP war am 23. 2. 1921 von dem Lehrer Richard Kunze, einem ehemaligen Mitglied der DNVP und des DVSTB, gegründet worden und ähnelte in ihren Grundsätzen der NSDAP. Kunze war auch als »Knüppel-Kunze« bekannt, weil er in Werbeanzeigen »jedem deutsch-völkischen Mann« empfahl, bei ihm einen Gummiknüppel zu kaufen. Kunzes Partei, die ihren Sitz in Berlin hatte, zählte kurz nach ihrer Gründung bereits 7.000 Mitglieder. Vier Jahre später hatte sich deren Zahl auf 34.000 erhöht – sodass sich die damals schwächere NSDAP nach Hitlers Logik der DtsP hätte anschließen müssen. Ab 1927 begann jedoch der Zerfall von Kunzes Partei; viele ihrer Mitglieder traten zur NSDAP über. 1928 löste sich die DtsP schließlich auf. Kunze selbst wurde 1930 NSDAP-Mitglied. Am 20. 10. 1926 sagte Hitler auf einer Sitzung des Völkischen Führerrings Thüringen in Weimar im Rückblick auf das Jahr 1921, er habe Kunze seinerzeit gebeten, unter keinen Umständen eine neue Partei zu gründen. Stattdessen habe er ihm angeboten, in Preußen die Organisation der NSDAP zu übernehmen. Trotzdem habe Kunze die DtsP gegründet, »weil die Leute sich nicht unterordnen wollen und gerne eine Rolle spielen«.

Vgl. Hitler, Reden, Bd. II/1, Dok. 39, Zitat S. 75; Tyrell, Trommler, S. 244, Anm. 178; Fricke (Hrsg.), Lexikon, Bd. 2, S. 538 f.; Kruppa, Rechtsradikalismus, bes.S. 145 – 153; Breuer, Völkischen, S. 176 f.

32 Eine weitere Anspielung auf Graefe. Am 9. 10. 1924 hatte dieser in einem pathetisch gehaltenen Brief Hitler Freundschaft, Vertrauen und »Treue bis in den Tod« versichert. Sein Schreiben schloss mit den Worten: »In deutscher Treu und alter Freundschaft«. Am 28. 2. 1926 schrieb Graefe: »Ich will aus der Fülle unschöner Scheltworte, mit denen Sie uns bedenken, nur das äußerlich zwar am wenigsten krasse, innerlich aber schnödeste herausgreifen: Sie sprechen von uns als ›Feinden‹! Das sagen Sie zu den Männern, die in weiten Gebieten Norddeutschlands Ihren Namen überhaupt erst so gepredigt haben, daß Sie daraufhin an eine Agitation für die NSDAP in diesen Gebieten denken konnten.« Hitler ging in seinem offenen Gegenbrief vom 17. 3. 1926 auf beide Schreiben ein und konterte höhnisch: »Und überhaupt und immer wieder, Herr von Graefe, sparen Sie sich Ihre tränige und rührselige Gefühlsduselei. Schreiben Sie keine Briefe mit Ihrem Herzblut, die innerlich unwahr sind, als vielmehr echte, und dann meinetwegen mit der Schreibmaschine.«

Vgl. Informationsbrief 48 des Landtagsabgeordneten R. Wulle vom 16. 2. 1925, »Unser Weg ohne Hitler«; Reichswart vom 6. 3. 1926 (Beilage), »Offener Brief an Adolf Hitler«; Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 111, Zitat S. 351 (Herv. i. Orig.).

33 Anspielung auf die Versuche Graefes und Erich Ludendorffs, die DVFP und die NSDAP 1924 unter ihrer Führung – und gegen den Willen Hitlers – zu einer Partei zu vereinigen. In seinem ironisch gehaltenen Brief an Graefe vom 17. 3. 1926 blickte Hitler auf diese Fusionsbestrebungen zurück: Nach dem gescheiterten Putschversuch vom 9. 11. 1923 sei die NSDAP mit einem Schlag führerlos gewesen. »Was war natürlicher, als daß Sie nun, Herr von Graefe, großmütig und weitschauend für eine Verschmelzung zu schwärmen begannen, bei der die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei die Massen liefern konnte und die Deutschvölkische Freiheitspartei großherzig die Führer hergab.«

Vgl. Hitler, Reden, Bd. I, Dok. 111, Zitat S. 343 (Herv. i. Orig.); Wulff, Freiheitspartei, S. 52 – 62; Jablonsky, Nazi Party, S. 86 – 158; Kershaw, Hitler, Bd. 1, S. 283 – 292; Plöckinger, Geschichte, S. 61 – 67, 80 – 83.

gewesen: der persönliche Ehrgeiz der Begründer, eine Rolle spielen zu wollen, zu der die eigene zwergenhafte Erscheinung von sich aus wirklich nichts mitbrachte als eine große Kühnheit, fremde Gedanken zu übernehmen, eine Kühnheit, die man im sonstigen bürgerlichen Leben als diebisch zu bezeichnen pflegt.31

Es gab damals nichts an Vorstellungen und Ideen anderer, was ein solcher politischer Kleptomane nicht in kürzester Zeit für sein neues Geschäft angesammelt hätte. Die solches taten, waren aber dieselben Leute, die dann später tränenden Auges32 die »völkische Zersplitterung« tief beklagten und unausgesetzt von der »Notwendigkeit der Einheit« redeten, in der stillen Hoffnung, die anderen endlich doch noch#1933: gestrichen: noch so weit übertölpeln zu können, daß sie, des ewigen anklagenden Geschreies müde, zu den bisher gestohlenen Ideen auch noch die für deren Durchführung geschaffenen Bewegungen den Dieben hinwerfen würden.33

Gelang ihnen dies jedoch nicht und hielt die Rentabilität der neuen Unternehmungen, dank der geringen geistigen Ausmaße ihrer Besitzer, nicht das, was man sich von ihr versprochen hatte, dann pflegte man es allerdings billiger zu geben und war schon glücklich, wenn man in einer der sogenannten Arbeitsgemeinschaften landen konnte.

Alles, was damals nicht auf eigenen Beinen zu stehen vermochte, schloß sich zu solchen Arbeitsgemeinschaften#1929: Arbeitsgemeinschaften ersetzt durch: »Arbeitsgemeinschaften«;
1930: Arbeitsgemeinschaften zusammen; wohl von dem Glauben ausgehend, daß acht Lahme ineinander eingehängt, sicherlich einen Gladiator ergeben.

Befand sich aber unter den Lahmen ja#1929: ja ersetzt durch: wirklich [sic!] ein Gesunder, dann brauchte er schon seine ganze Kraft, nur um die anderen auf den Beinen zu halten und wurde dadurch endlich selbst gelähmt.

Das Zusammengehen mit#1929: mit ersetzt durch: in sogenannten Arbeitsgemeinschaften haben wir immer als eine Frage der Taktik anzusehen#1937: anzusehen ersetzt durch: angesehen;
1939: anzusehen; doch dürfen wir uns doch#1933: doch ersetzt durch: dabei von folgender grundsätzlichen Erkenntnis niemals trennen:

Durch die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft