Dem Zukunftsstaat entgegen <span class="pagenumber">[90]</span>

40 Die Deutung historischer Demokratien als Perioden des politischen und kulturellen Verfalls ging mit der Unterscheidung zwischen nationalem »Idealismus« und »mammonistisch-materialistische[r] Weltanschauung« einher, die Hitler etwa auf einer Münchner Parteiversammlung am 9. 1. 1922 darlegte. Diese Auf‌fassung begründete Hitler primär antisemitisch: »Wo in einem Volk der Idealismus (die übersinnliche, sittliche Lebensauf‌fassung) ausstirbt, da geht dies Volk zugrunde ohne Aufenthalt [sic!]. Durch zwei Jahrtausende hat er bisher die Völker und Staaten aufgebaut. Wo aber der Geist des Materialismus, hineingetragen durch die Judenrasse, sich breit machte, da begann der Abstieg und Verfall.« Die Assoziation von »Demokratie« und »Verfall« hatte im Denken der politischen Rechten eine lange Tradition. So bilanzierte etwa der dem völkischen Lager zuzurechnende Laienhistoriker Max Engelmann in Das Germanentum und sein Verfall. Eine rassenpolitische Studie (1905): »Bisher aber war das Erscheinen der Demokratie stets ein Zeichen vom Verfall der Edelrassen und der geistigen Hochkultur. Niemals hat die Demokratie auf irgend einem maßgebenden Gebiete Gutes und Großes geleistet.« Ungleich reflektierter, wiewohl mit ähnlichem Ergebnis, hatte schon Friedrich Nietzsche in seinem Frühwerk Menschliches, Allzumenschliches (1878) hervorgehoben, dass »die Missachtung, der Verfall und der Tod des Staates […] die Consequenz des demokratischen Staatsbegriffes« sei. Das sei »seine Mission«. Die »moderne Demokratie«, so Nietzsche, sei »die historische Form vom Verfall des Staates«.

Vgl. Nietzsche, Werke (1999), Bd. 2, Zitate S. 305 f. (Herv. i. Orig.); Engelmann, Germanentum, Zitat S. 249; Jäckel/ Kuhn (Hrsg.), Hitler, Dok. 341, 493, Zitat S. 544.

Was nun die Durchführbarkeit dieser Erkenntnisse betrifft, so bitte ich, nicht zu vergessen, daß das parlamentarische Prinzip der demokratischen Majoritätsbestimmung keineswegs seit jeher die Menschheit beherrscht hat, sondern im Gegenteil nur in ganz kleinen Perioden der Geschichte zu finden ist, die aber immer Zeiträume des Verfalls von Völkern und Staaten sind.40

Allerdings soll man nicht glauben, daß man durch rein theoretische Maßnahmen von oben herunter einen solchen Wandel herbeiführen könne, da er ja#1930: gestrichen: ja logischerweise nicht einmal bei der Verfassung des Staates haltmachen darf, sondern auch die gesamte übrige Gesetzgebung, ja das allgemeine bürgerliche Leben durchdringen muß. Solch eine Umwälzung kann und wird nur stattfinden durch eine Bewegung, die selbst bereits im Geiste dieser Gedanken aufgebaut ist und somit in sich selbst schon den kommenden Staat trägt.

Daher mag sich die nationalsozialistische Bewegung schon heute restlos in diese#1939: diese ersetzt durch: die;
1944: diese Gedanken einleben und sie zur praktischen Auswirkung innerhalb ihrer eigenen Organisation bringen, auf daß sie dereinst dem Staate nicht nur dieselben Richtlinien weisen mag, sondern ihm auch bereits den vollendeten Körper ihres eigenen Staates zur Verfügung stellen kann.