Nationalsozialistische Auf‌fassung des Staates <span class="pagenumber">[25]</span>

32 Die Idee des Staates als »lebendiger Organismus« erinnert an das Staatsverständnis der politischen Romantik, mit dem der politische Konservatismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die elementare Herausforderung durch die Aufklärung und die Französische Revolution reagierte. Hauptvertreter der politischen Romantik wie Novalis, Friedrich Schlegel und Adam Müller betrachteten den Staat nicht als ein künstlich von Menschenhand geschaffenes, »mechanisches« Konstrukt, sondern als etwas natürlich und historisch Gewachsenes, das sich kontinuierlich weiterentwickle. In seinen 1827 an der Universität Wien gehaltenen Vorlesungen zur Philosophie des Lebens äußerte Schlegel im Rahmen einer allgemeinen Kritik an dem System gewählter Volksrepräsentanten, dass Staat und Nation als »lebendiges Ganzes« »nur in den organischen Gliedern eines Ganzen, und den einzelnen Ständen, oder wesentlichen Corporationen gefunden werden« könnten, in denen sie »historisch fortleb[en]« und sich »lebendig« erhalten würden. Im Wilhelminischen Kaiserreich wurde die Gedankenwelt der politischen Romantik wieder aufgegriffen und unter dem Begriff der »Neuromantik« ideologisch zugespitzt und erheblich radikalisiert. Besondere Bedeutung hatte dabei der Jenaer Verleger Eugen Diederichs, bei dem Alfred Rosenberg 1927 erfolglos versuchte, seinen Mythus des 20. Jahrhunderts herauszubringen.

Vgl. Schlegel, Philosophie, Zitat S. 394 f.; Mosse, Revolution, S. 62 – 77; Göhler, Konservatismus, S. 25 – 27; Kraus, Denken, bes.S. 42 f.; Roques, Romantik, bes.S. 105 – 110; Plöckinger, Geschichte, S. 173 f.

Somit ist der höchste Zweck des völkischen Staates die Sorge um die Erhaltung derjenigen rassischen Urelemente, die, als kulturspendend, die Schönheit und Würde eines höheren Menschentums schaffen. Wir, als Arier, vermögen#1929: eingefügt: uns unter einem Staat uns#1929: gestrichen: uns also nur den lebendigen Organismus eines Volkstums vorzustellen, der die Erhaltung dieses Volkstums nicht nur sichert, sondern es auch durch Weiterbildung seiner geistigen und ideellen Fähigkeiten zur höchsten Freiheit führt.32

Was man uns heute jedoch als Staat aufzudrängen versucht, ist meistens nur die Ausgeburt tiefster menschlicher Verirrung mit unsäglichem Leid als Folgeerscheinung.

Wir Nationalsozialisten wissen, daß wir mit dieser Auf‌fassung als Revolutionäre in der heutigen Welt stehen und auch als solche gebrandmarkt werden.33 Allein unser Denken und Handeln soll keineswegs bestimmt werden vom#1929: bestimmt werden vom ersetzt durch: von Beifall oder der#1929: gestrichen: der Ablehnung unserer Zeit#1929: eingefügt: bestimmt werden, sondern von der bindenden Verpflichtung an eine Wahrheit, die wir erkannten. Dann dürfen wir überzeugt sein, daß die höhere Einsicht einer Nachwelt unser heutiges Vorgehen nicht nur verstehen, sondern auch als richtig bestätigen und adeln wird.

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Daraus ergibt sich für uns Nationalsozialisten auch der Maßstab für die Bewertung eines Staates. Dieser Wert wird ein relativer sein, vom Gesichtspunkt des einzelnen Volkstums aus; ein absoluter von dem der Menschheit an sich. Das heißt mit anderen Worten:

Die Güte eines Staates kann nicht bewertet werden nach der kulturellen Höhe oder der Machtbedeutung dieses Staates im Rahmen der übrigen Welt, sondern ausschließlich nur nach dem Grade