Das Endziel des Judentums <span class="pagenumber">[335]</span>

183 Der Vorwurf gezielter Verharmlosung findet sich bereits bei Wilhelm Marr, der 1879 über das Judentum schrieb: »Es gebärdete sich ungemein geistes- und vorurtheilsfrei. Es trieb es bis zur sarkastischen Selbstironie; aber wenn der hochbegabte E. Dohm im Kladderadatsch die köstlichsten Witze über Israel machte, so war es nicht gerathen, wenn ein Nichtjude ein Gleiches that.« Marr bezog sich auf Ernst Wilhelm Dohm, einen Sohn jüdischer Eltern, die zum Protestantismus konvertiert waren. Seit 1849 war Dohm Chefredakteur der Satirezeitschrift Kladderadatsch. Zu der Zeit, als Hitler Mein Kampf verfasste, fanden sich jedoch kaum Beispiele für jüdische Selbstironie im Kladderadatsch. Das Magazin war nationalliberal, stand der Weimarer Republik und ihren Politikern kritisch gegenüber und sympathisierte schon vor 1933 mit den Nationalsozialisten, sodass es im Dritten Reich relativ ungehindert weiter erscheinen durfte. Auch in anderen deutschen Satirezeitschriften und Witzblättern, die als »jüdisch« angesehen wurden – etwa den Magazinen Jugend, Lustige Blätter, Simplicissimus und Ulk – fanden sich Anfang der 1920er Jahre kaum Beispiele jüdischer Selbstironie. Eine Ausnahme bildete lediglich die Zeitschrift Schlemiel, die von 1903 bis 1906 und von 1919 bis 1920 erschien. Ihre jüdischen Autoren standen in engem Kontakt zur zionistischen Bewegung und thematisierten immer wieder Zionismus und Antisemitismus. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Großteil der Beiträge jedoch eher unpolitisch. Zudem ist fraglich, ob Hitler diese relativ unbedeutende Zeitschrift, die nur bis 1920 erschien, überhaupt kannte.

Von den österreichischen Satirezeitschriften kommen in erster Linie der von 1857 bis 1919 publizierte Figaro und Der Floh in Frage, der von 1869 bis 1919 erschien. Die Karikaturen von Juden, die sich in Letzterem finden, bedienen jedoch ganz offen die damals kursierenden antisemitischen Klischees. Dagegen druckte der Figaro um 1900 eher ironisierende Darstellungen von Juden, die auf den ersten Blick wohlwollender wirken. Allerdings finden sich gerade zu der Zeit, als sich Hitler in Wien aufhielt, im Figaro fast keine entsprechenden Zeichnungen. Erst 1919, im letzten Erscheinungsjahr der Zeitschrift, häuften sich wieder Karikaturen von Juden – allerdings in sarkastischer und offen antisemitischer Form.

Vgl. Marr, Sieg, Zitat S. 24 (Herv. i. Orig.); Münchener Beobachter vom 25. 1. 1919, »In eigener Sache«; Konrad, Tendenzen, S. 23 – 26; Schulz, Kladderadatsch, S. 3, 187 f., 193 – 202; Allen, Satire, S. 201 – 221; Wassermann, Jews, S. 76 f., 86, 93; Wladika, Vätergeneration, S. 55; Schäfer, Vermessen, S. 54 f.; Schleicher, Schlemiel.

loses Völkchen hinzustellen, das nun einmal seine Eigenarten besitzt (wie ja# 1926: gestrichen: ja eben andere auch), das aber doch wieder selbst# 1926: doch wieder selbst ersetzt durch: doch, selbst in seinem vielleicht etwas fremd anmutenden Gebaren Anzeichen seiner möglicherweise komischen, jedoch immer grundehrlichen und gütigen Seele von sich gebe. Wie man denn# 1926: denn ersetzt durch: sich überhaupt sich# 1926: gestrichen: sich bemüht, ihn immer mehr »unbedeutend«# 1926: »unbedeutend« ersetzt durch: unbedeutend als gefährlich erscheinen zu lassen.183

Sein Endziel in diesem Stadium aber ist der Sieg der »Demokratie«# 1926: »Demokratie« ersetzt durch: Demokratie oder, wie er es versteht: die Herrschaft des Parlamentarismus. Sie entspricht am meisten seinen Bedürfnissen; schaltet sie doch die Persönlichkeit aus184 – und setzt an ihre Stelle die Majorität der Dummheit, Unfähigkeit und nicht zum letzten aber# 1926: eingefügt: der Feigheit.

Das Endergebnis dieser Entwicklung# 1930: gestrichen: dieser Entwicklung wird der Sturz der Monarchie sein, der nun früher oder später eintreten muß.

Die# 1926: Die ersetzt durch: j) Die;
1939: k) Die;
1944: j) Die ungeheure wirtschaftliche Entwicklung führt zu einer Änderung der sozialen Schichtung des Volkes. Indem das kleine Handwerk langsam abstirbt und damit die Möglichkeit der Gewinnung einer selbständigen Existenz des Arbeiters# 1930: des Arbeiters ersetzt durch: für den Arbeiter immer seltener wird, verproletarisiert dieser nun# 1926: gestrichen: nun zusehends. Es entsteht der industrielle »Fabrikarbeiter«, dessen wesentlichstes# 1944: wesentlichstes ersetzt durch: wesentliches Merkmal darin zu suchen ist, daß er kaum je in die Lage kommt, sich im späteren Leben eine eigene Existenz gründen zu können. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes »besitzlos«# 1926: »besitzlos« ersetzt durch: besitzlos , so daß# 1930: gestrichen: so daß seine alten Tage mehr# 1930: mehr ersetzt durch: sind eine Qual als ein Leben bedeuten# 1930: als ein Leben bedeuten ersetzt durch: und kaum mehr mit Leben zu bezeichnen .

Schon früher wurde einmal eine ähnliche Lage geschaffen, die ebenfalls# 1926: gestrichen: ebenfalls gebieterisch einer Lösung zudrängte, die dann auch stattfand# 1926: zudrängte, die dann auch stattfand ersetzt durch: zudrängte und sie auch fand . Zum Bauern und Handwerker war# 1926: war ersetzt durch: waren als weiterer Stand langsam der Beamte und Angestellte besonders des Staates gekommen. Sie# 1926: Sie ersetzt durch: Auch sie waren »Besitzlose«# 1926: »Besitzlose« ersetzt durch: Besitzlose im wahrsten Sinne des Wortes. Der Staat half sich endlich# 1926: gestrichen: endlich aus dieser ungesunden Tatsache# 1926: eingefügt: endlich so heraus# 1930: half sich aus dieser ungesunden Tatsache endlich so heraus ersetzt durch: fand aus diesem ungesunden Zustand endlich dadurch einen Ausweg , daß er die Versorgung des# 1926: eingefügt: Staatsangestellten, der sich# 1930: gestrichen: sich selbst für die# 1930: die ersetzt durch: seine alten Tage eben# 1926: gestrichen: eben nicht versorgen# 1930: versorgen ersetzt durch: vorbeugen könnenden Staatsangestellten# 1926: könnenden Staatsangestellten ersetzt durch: konnte, selber in die Hand nahm# 1930: selber in die Hand nahm ersetzt durch: übernahm und die Pension, den# 1937: den ersetzt durch: das Ruhegehalt, einführte. Langsam folgten immer mehr private Betriebe diesem Beispiele, so daß heute fast jeder geistige Festangestellte seine spätere Pension bezieht, sofern der Betrieb eine bestimmte Größe schon erreicht oder überschritten hat.