Die nationalsozialistische Flagge <span class="pagenumber">[140]</span>

89 Über Hitlers Enthusiasmus für Schwarz-Weiß-Rot – am 20. 2. 1921 pries er sie im Völkischen Beobachter als die künftigen Farben »eines germanischen Staates deutscher Nation« – mokierte sich die Münchener Post bereits im Januar 1921. Eine anlässlich des 50. Jahrestags der Reichsgründung von 1871 gehaltene Rede Hitlers zum Thema »Der 18. Januar 1871 und das schaffende Volk« kommentierte sie mit den Worten: »Die schwarz-weiß-roten Nationalsozialisten […] mußten ihren eigenen Rummel haben. Der ›Chef vons Ganze‹, Herr Hitler, hätte wohl die nächsten vierzehn Tage nicht schlafen können, wenn er nicht seinen Spezialsenf dazu hätte servieren können. […] Eine der wichtigsten Forderungen dünkt ihm die Wiederkehr der schwarz-weiß-roten Flagge. Unter ihrem Zeichen hat natürlich alle Not ein Ende.«

Vgl. Münchener Post vom 19. 1. 1921, »Die schwarz-weiß-roten Nationalsozialisten«; Jäckel/ Kuhn (Hrsg.), Hitler, Dok. 185, 199, Zitat S. 323.

90 Das Hakenkreuz – ein in den unterschiedlichsten Kulturen verwendetes Glückszeichen – wurde seit den 1890er Jahren neben dem Hammer zum wichtigsten Symbol und Erkennungszeichen der völkischen Bewegung. In variierender Farb- und Formgebung (links- oder rechtsdrehend, rund oder gewinkelt) findet es sich immer wieder auf den Umschlägen und Deckblättern völkischer Zeitungen, Zeitschriften und Broschüren und wurde zum Emblem verschiedener okkultistischer Gesellschaften. Zugleich diente es als »beliebtes Ornament in Jugendstil- und Art-Deco-Designs«. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Hakenkreuz dann in der Bildsprache der Thule-Gesellschaft und vor allem des DVSTB allgegenwärtig. Selbst »Hakenkreuzschmuck für Herren« wie Uhrketten-Anhänger oder Manschettenknöpfe wurden im Münchener Beobachter immer wieder beworben. Die Verwendung des Hakenkreuzes durch die NSDAP war daher weder originell noch überraschend, zumal sie sich zunehmend als Sammlungspartei des heterogenen rechtsradikalen Lagers verstand. Mit dem Hakenkreuzsymbol könnte Hitler schon während seiner Wiener Jahre in Berührung gekommen sein, wo es etwa im Umfeld von Guido von Lists Armanenschaft der Ario-Germanen sehr gebräuchlich war.

Vgl. Münchener Beobachter vom 14. 6. 1919 und 21. 6. 1919; Lohalm, Radikalismus, S. 138; Degreif, Hitler; Hamann, Wien, S. 298 – 300; Puschner, Bewegung, S. 143, 241, 257 – 261; Behrenbeck, Heil, S. 322 – 324; Stottmeister, George-Kreis, S. 327 – 398, Zitat S. 330.

93 Ausgehend vom Germanen-Orden war das gebogene Hakenkreuz seit 1919 in der völkischen Bewegung vor allem als Symbol der Thule-Gesellschaft etabliert. Auch der Deutsche Turnerbund wählte ein stilisiertes, gebogenes Hakenkreuz zu seinem Symbol. Eine Anknüpfung an diese Symbolik kam für Hitler nicht infrage, standen doch die elitären Ansprüche gerade der Thule-Gesellschaft seiner Vorstellung einer dynamischen Massenbewegung diametral entgegen. Während des Dritten Reichs fand das gebogene Hakenkreuz allerdings durchaus Verwendung; es ziert sogar den Buchrücken der 1939 anlässlich von Hitlers 50. Geburtstag herausgegebenen Jubiläumsausgabe von Mein Kampf.

Zur vorliegenden Passage äußerte sich Friedrich Krohn 1935 kritisch: »Auf die Erwiderung hin, dass der Führer in seinem ›Kampf‹ davon schreibe, dass die Ausführung Krohns nicht die endgültige gewesen sei, sondern er selber sie erst in ihrer endgültigen Form ausgeführt hätte (das Hakenkreuz wäre mit gebogenem Balken eingezeichnet gewesen), erwiderte Krohn, dass das ein Missverständnis des Führers gewesen sei. In seinem ersten Entwurf hätte nämlich Kr[ohn] die Balken mit dem Kreis zusammenstossen lassen und so wäre der oben erwähnte Anschein erweckt worden. Später wurde dann die Abänderung getroffen.« Der Quellenwert von Krohns Ausführungen ist allerdings fraglich.

Vgl. BA Berlin, NS 26/183: Bericht von Krohn vom 25. 3. 1935; IfZ-Archiv, ZS 89: Erinnerungen Friedrich Krohns (1952); VB vom 20. 5. 1920, »Das Hakenkreuz«; Der deutsche Staat vom 6. 2. 1925, »Deutscher Turnerbund«; Franz-Willing, Ursprung, S. 124; Weeber, Hakenkreuz, S. 71 – 76.

95 Der Goldschmied Josef Fueß war zunächst Mitglied des DVSTB und engagierte sich dann im Ordnerdienst der NSDAP. Nach eigenen Angaben stellte er zunächst Anstecknadeln und Anhänger für die NSDAP her, deren Verkauf der Parteikasse zugutekam. Am 12. 7. 1920 schenkte er der NSDAP zehn Exemplare, wie ein überliefertes Kassenbuch belegt. Später habe sich Anton Drexler an ihn gewandt: »An einem Sprechabend sagte Herr Drexler zu mir, Herr Fuss [sic!], Sie könnten eigentlich mal ein Partei-Abzeichen entwerfen und zwar, Hakenkreuz, schwarzweiss, roter Grund und Inschrift ›Deutsche Arbeiter Partei‹[.] Als ich die Entwürfe gemacht hatte, sagte der Führer, es ist nett, aber wir müssen doch ›Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei‹ darauf bringen (1920)[.] Ich habe dem Führer das erste Abzeichen angesteckt im Sterneckerbräu.« Am 9. 9. 1920 reichte Fueß beim Reichspatentamt seinen Entwurf für das Parteiabzeichen ein und beantragte dessen Schutz als »Warenzeichen für Schmuckwaren«. Dass Hitler selbst Entwürfe für das Parteiabzeichen angefertigt hat, ist unwahrscheinlich. Die von Billy F. Price veröffentlichten und seither verschiedentlich kolportierten Zeichnungen Hitlers für das Parteiabzeichen und andere Parteisymbole sind zweifelhaft. Das dort präsentierte gebogene Hakenkreuz lehnte Hitler dezidiert ab.

Vgl. BA Berlin, NS 26/229: NSDAP-Kassenbuch; IfZ-Archiv, MA 735: Schreiben des Reichpatentamts vom 23. 9. bzw. 22. 10. 1920; BA Berlin, NS 26/1923 b: Angaben von Fueß vom 20. 2. 1935; Price (Hrsg.), Hitler, S. 200 – 202; Anm. 59 in diesem Kapitel.

Auch Schwarz-Weiß-Rot nicht, aus bereits erwähnten Gründen, jedenfalls nicht in der bisherigen Fassung. In der Wirkung steht diese Farbenzusammenstellung allerdings hoch über alle#1933: alle ersetzt durch: allen anderen erhaben. Es ist der strahlendste Akkord, den es gibt.89

Ich selbst trat immer für die Beibehaltung der alten Farben ein, nicht nur weil sie mir als Soldat das Heiligste sind, das ich kenne, sondern weil sie auch in ihrer ästhetischen Wirkung meinem Gefühl weitaus am meisten entsprechen. Dennoch mußte ich die zahllosen Entwürfe, die damals aus den Kreisen der jungen Bewegung einliefen, und die meistens das Hakenkreuz90 in die alte Fahne hineingezeichnet hatten, ausnahmslos ablehnen.91 Ich selbst – als Führer – wollte nicht sofort mit meinem eigenen Entwurf an die Öffentlichkeit treten, da es ja möglich war, daß ein anderer einen ebenso guten oder vielleicht auch besseren bringen würde. Tatsächlich hat ein Zahnarzt aus Starnberg92 auch einen gar nicht schlechten Entwurf geliefert, der übrigens dem meinen ziemlich nahekam, nur den einen Fehler hatte, daß das Hakenkreuz mit gebogenen Haken in eine weiße Scheibe hineinkomponiert war.93

Ich selbst hatte unterdes nach unzähligen Versuchen eine endgültige Form niedergelegt: eine Fahne aus rotem Grundtuch mit einer weißen Scheibe und in deren Mitte ein schwarzes Hakenkreuz. Nach langen Versuchen fand ich auch ein bestimmtes Verhältnis zwischen der Größe der Fahne und der Größe der weißen Scheibe sowie der Form und Stärke des Hakenkreuzes.

Und dabei ist es dann geblieben.

In gleichem#1937: In gleichem ersetzt durch: Im gleichen;
1939: In gleichem Sinne wurden nun sofort Armbinden für die Ordnungsmannschaften in Auftrag gegeben, und zwar eine rote Binde, auf der sich ebenfalls die weiße Scheibe mit schwarzem Hakenkreuz befindet.94

Auch das Parteiabzeichen wurde nach gleichen Richtlinien entworfen: eine weiße Scheibe auf rotem Felde und in der Mitte das Hakenkreuz. Ein Münchner#1937: Münchner ersetzt durch: Münchener;
1939: Münchner Goldschmied, Füß, lieferte den ersten verwendbaren und dann auch beibehaltenen Entwurf.95

Im Hochsommer 1920 kam zum ersten Male die neue Flagge vor die Öffentlichkeit. Sie paßte vorzüglich zu unserer jungen Bewegung.