Mit England gegen Rußland <span class="pagenumber">[148]</span>

97 Um 1900 ging aus Sicht der britischen Führung »von Russland […] ›die größte, langfristige Gefahr‹ für britische Interessen aus«. Insbesondere der wachsende russische Einfluss in China bedrohte seit 1890 mehr und mehr die wirtschaftlichen Interessen des Empires. In dieser Situation war das Deutsche Reich für Großbritannien einer von mehreren möglichen außenpolitischen und militärischen Partnern, um der Herausforderung durch Russland zu begegnen. Die zwischen 1898 und 1901 geführten, bilateralen Gespräche blieben aber aufgrund stark divergierender Interessen in der Kolonial-, Handels- und Flottenrüstungspolitik ergebnislos. Die von Hitler reproduzierte Vorstellung, Großbritannien sei damals bereit gewesen, sich in einem Bündnis an das Deutsche Reich zu binden, hierbei aber am deutschen Desinteresse gescheitert, war zeitgenössisch so verbreitet, dass sie der Freiburger Historiker Gerhard Ritter 1929 in der Schrift Die Legende von der verschmähten englischen Freundschaft 1898/1901 eigens aufgriff und zurückwies. In der Tat verzerrte diese Vorstellung die Sachlage erheblich. Es war die britische Führung, welche die von der deutschen Seite verlangte Gegenleistung für ein mögliches gemeinsames Vorgehen gegen Russland ablehnte; konkret forderte die deutsche Regierung »im Zuge einer förmlichen Bindung [die] Unterstützung von Großbritannien an ihren im Zentrum Europas gefährdeten Grenzen in Ost und West«. Die britische Führung lehnte eine so weitreichende Allianz jedoch ab und näherte sich stattdessen Japan an, das die russische Expansion in Ostasien ebenfalls mit Argwohn betrachtete; am 30. 1. 1902 schlossen beide Seiten eine Militärallianz. Eine ähnliche Logik lag der am 8. 4. 1904 vereinbarten »Entente cordiale« zugrunde, in der sich Großbritannien und Frankreich in ihren afrikanischen Kolonialinteressen verständigten und so den auf ihnen lastenden Druck reduzierten. Auch sollte das Abkommen – so der britische Außenminister Henry Petty-Fitzmaurice of Lansdowne – als »Vorläufer für ein besseres Einvernehmen mit Russland« dienen. Nachdem Russland im Russisch-Japanischen Krieg (1904/05) unerwartet eine schwere Niederlage erlitt, einigten sich Großbritannien und Russland im Vertrag von Sankt Petersburg vom 31. 8. 1907 auf die Aufteilung ihrer asiatischen Einfluss- und Interessensphären.

Vgl. Ritter, Legende; Hildebrand, Reich (2008), S. 213 – 221, Zitat S. 214; Clark, Schlafwandler, bes.S. 187 – 194, Zitate S. 189, 192; Leonhard, Büchse, bes.S. 48 – 51, 57 f.; Kap. I/5, Anm. 8; Kap. II/13 Anm. 45, 181.

Dieser Ahnung war es wohl auch in erster Linie zuzuschreiben, wenn um die Jahrhundertwende von London selber aus versucht wurde, Deutschland näherzutreten. Zum ersten Male trat damals in Erscheinung# 1930: trat damals in Erscheinung ersetzt durch: zeigte sich damals , was wir in den letzten Jahren in einer doch# 1926: gestrichen: doch wahrhaft erschreckenden# 1930: in einer wahrhaft erschreckenden Weise ersetzt durch: in wahrhaft erschreckender Weise Weise zu beobachten Gelegenheit besitzen# 1926: zu beobachten Gelegenheit besitzen ersetzt durch: beobachten konnten . Man war unangenehm berührt bei dem Gedanken, nun für England »Kastanien«# 1926: nun für England »Kastanien« ersetzt durch: für England Kastanien aus dem Feuer holen zu müssen96; als ob es überhaupt ein Bündnis auf# 1939: auf ersetzt durch: mit;
1944: auf einer anderen Grundlage als der eines gegenseitigen Geschäftes geben könnte. Mit England ließ sich aber ein solches Geschäft sehr wohl machen. Die britische Diplomatie war noch immer klug genug zu wissen, daß ohne Gegenleistung keine Leistung zu erwarten ist.97

Man stelle sich aber vor, daß eine kluge deutsche Außenpolitik die Rolle Japans im Jahre 1904 übernommen hätte98, und man kann kaum ermessen, welche Folgen dies für Deutschland gehabt haben würde.

Es wäre niemals mehr# 1926: gestrichen: mehr zu einem »Weltkriege« gekommen.

Das Blut im Jahre 1904 hätte das zehnfache# 1933: zehnfache ersetzt durch: Zehnfache der Jahre 1914 bis 1918 erspart.

Welche Stellung aber würde Deutschland heute in der Welt einnehmen?# 1926: Fragezeichen ersetzt durch: Ausrufezeichen

Allerdings, das Bündnis mit Österreich99 war dann ein Unsinn.

Denn diese# 1944: diese ersetzt durch: die staatliche Mumie100 verband sich mit Deutschland ja# 1926: gestrichen: ja nicht zum Durchfechten eines Krieges als vielmehr# 1930: Krieges als vielmehr ersetzt durch: Krieges, sondern zur Erhaltung eines ewigen Friedens, der dann in kluger Weise zur langsamen aber sicheren Ausrottung des Deutschtums der Monarchie verwendet werden konnte.

Dieses Bündnis war aber auch eine Unmöglichkeit deshalb# 1926: war aber auch eine Unmöglichkeit deshalb ersetzt durch: war aber auch deshalb eine Unmöglichkeit;
1933: war aber ersetzt durch: aber war;
1937: war aber;
1939: aber war , weil man doch von# 1933: von ersetzt durch: mit;
1944: von einem Staate solange# 1930: solange ersetzt durch: so lange gar keine offensive Vertretung nationaler deutscher Interessen erwarten durfte, als dieser nicht einmal die Kraft und Entschlossenheit besaß, dem Entdeutschungsprozeß an seiner unmittelbaren Grenze ein Ende zu bereiten. Wenn Deutschland nicht soviel nationale Besinnung und aber# 1926: gestrichen: aber auch Rücksichtslosigkeit besaß, dem unmöglichen Habsburgerstaat die Verfügung über das Schicksal der zehn Millionen Stammesgenossen101 aus der